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Grüne: LGBTIQ und Frauen schutzlos in deutschen AnkER-Zentren

Ulle Schauws, queerpoliitsche Sprecherin der Grünen, hat eine Kleine Anfrage zu Bedingungen der Unterbringung und der Gewährleistung von Gewalt- und Diskriminierungsschutz gegenüber Frauen und LGBTIQ in AnkER-Zentren an die Bundesregierung gestellt. Die Antwort ist erschreckend – aber nicht überraschend.

Geflüchtete Frauen und queere Menschen sind häufig vor Gewalt viel ungeschützter, verletzlicher und traumatisiert, teilt Schauws zusammenfassend mit. „Sie laufen auch in Flüchtlingsunterkünften in Deutschland Gefahr, Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Da das Vorkommen von geschlechtsspezifischer Gewalt sich dort verschärfen kann, wo Menschen auf engem Raum ohne Privatsphäre zusammenleben müssen, sie eine schlechte Bleibeperspektive haben oder wissen, dass sie bis zu ihrer Ausreise in der Unterkunft wohnen bleiben müssen, haben wir die Bundesregierung nach bundesgesetzlichen Vorkehrungen zum Schutz von Gewalt und Diskriminierung in AnkER-Zentren gefragt.“ Geplant sei es, Familien bis zu 6 Monate und alle weiteren Personen max. bis zu 18 Monate in AnkER-Zentren unterzubringen. Ausnahmen für Frauen und LGBTIQ von der Verpflichtung, in AnkER-Zentren wohnen zu müssen, werde es nach Auskunft des Bundesinnenministers nicht geben. Besondere Schutzmaßnahmen zum Erkennen von Gewaltopfern und der Vorbeugung oder Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt seien nicht geplant. (Dieses schwule Ehepaar aus Moskau beginnt in den Niederlanden ein neues Leben.)

„Da jedoch die Gefahr besteht, Opfer von Folter und Gewalt im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens nicht zu identifizieren und die Menschen, die nicht in Deutschland bleiben können, bis zu ihrer Rückführung in der Einrichtung leben müssen, wollten wir wissen, wie die Bundesregierung den gesteigerten Anforderungen an Gewalt- und Opferschutz gerecht werden will.“Die Antwort: Nach wie vor fehle eine bundesgesetzliche Regelung zum effektiven Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften, obwohl die Träger von Einrichtungen bereits durch einen Gesetzentwurf in der vergangenen Legislaturperiode zur Einhaltung von Mindeststandards zum Gewaltschutz verpflichtet werden sollten.


Es ist keine gesonderte Unterbringung für besonders schutzbedürftige Gruppen geplant

Fazit: Der Bundesregierung gehe es allein um schnelle Abschiebungen. Was die Unterbringung von Frauen oder LGBTIQ betrifft, schließt Schauws: „Es ist offensichtlich, außer für unbegleitete minderjährige Geflüchtete, keine gesonderte Unterbringung für besonders schutzbedürftige, vulnerable Gruppen geplant.“ Darüber hinaus gebe das Bundesinnenministerium keine Empfehlung an die Länder für die Umsetzung von Schutzkonzepten. „Dies verwundert, da das BMFSFJ gemeinsam mit UNICEF „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ entwickelt hat, die in allen Unterkünften in Deutschland Anwendung finden sollten (S.9) und die Gefahr für geschlechtsspezifische Gewalt oder Diskriminierung in Flüchtlingsunterkünften nicht in Frage gestellt wird. Insbesondere hat die neueste Auflage der Mindeststandards einen Annex erhalten, in dem zu den Menschen, die von Gewalt und/oder Diskriminierung betroffen oder bedroht sind (u.a. Kinder, Frauen, Menschen mit Behinderungen), die Gruppe der LGBTIQ explizit genannt und berücksichtigt werden.

Wenn eine Frau von Gewalt bedroht oder betroffen ist und aus diesem Grund das AnkER-Zentrum verlassen muss, begeht sie laut Bundesregierung eine Ordnungswidrigkeit

Es seien auch keine Ausnahmen von der sogenannten Wohnsitznahmeverpflichtung für von Gewalt betroffene Frauen und LGBTIQ geplant. „Wenn bspw. eine Frau von Gewalt bedroht oder betroffen ist und aus diesem Grund das AnkER-Zentrum verlassen muss, begeht sie laut Bundesregierung eine Ordnungswidrigkeit. Im Wiederholungsfall stelle dies bereits eine Straftat dar.“ Einen Ausnahmetatbestand plane die Bundesregierung nicht und verweise auf die bestehenden Ausnahmetatbestände im Gesetz, die in der Regel einen Antrag voraussetzen und somit den niedrigschwelligen Zugang zum Hilfe- und Unterstützungssystem nicht sicherstellen, so Schauws.

Die besonderen Bedarfe von Frauen und LGBTIQ werden im beschleunigten Verfahren laut Grünen-Politikerin Schwauws nicht gesehen: Es seien keine erweiterten Maßnahmen, Veränderungen hinsichtlich der Gewährleistung von Gewaltschutz, Zugang zu psychosozialer Beratung, Information über die Rechte, Einsatz von zusätzlichen Fachberater*innen oder besonders geschulten Dolmetscher*innen vorgesehen. Auch solle es keine Ausnahmen vom Beschleunigungsgebot für besonders schutzbedürftige Personengruppen geben.


Zudem seien die Antworten der Regierung  widersprüchlich. Auf der einen Seite seien hinsichtlich der Unterbringung von Frauen und LSBTTI keine Maßnahmen geplant , auf der anderen Seite werde auf den Koalitionsvertrag verwiesen, der „die Gewährleistung einer geschlechtergerechten Unterbringung“ vorsieht.

Dazu erklärt die Sprecherin für Frauenpolitik und Queerpolitik der Grünen Bundestagsfraktion: „Rund einen Monat nach Inbetriebnahme der ersten AnkER-Zentren bestätigt das Bundesinnenministerium, dass die Verfahrensbeschleunigung um jeden Preis betrieben werden soll. Das BMI hat kein Konzept, wie eine menschenwürdige Unterbringung von Personen, die geschlechtsspezifische Gewalt erfahren haben wie Frauen oder LGBTIQ, in den AnkER-Zentren gewährleistet werden soll.“  Für die Betroffenen könne dies eine Gefährdung mit massiv negativen Folgen für Psyche und Körper bedeuten, wenn Traumatisierungen und strukturelle geschlechtsspezifische Gewalt ignoriert und die Betroffenen in Sammellagern ohne besondere Schutzmaßnahmen kaserniert werden.

„Unmenschlich und unverantwortlich“
Die Grünen fordern daher eine Abkehr von Seehofers Kurs. „Es ist unmenschlich und unverantwortlich, das unbedingte Vorgehen zur Durchsetzung von Abschiebungen im Schnelldurchlauf über die Rechte von besonders verletzbaren Personengruppen wie Frauen und LSBTTI zu stellen, die Schutz und Hilfe dringend benötigen.“

„Der Bundesinnenminister gibt unumwunden zu: Er hat keinen Plan, schon gar nicht für den Schutz besonders verletzbarer Menschen.“ Was fehlt seien u.a.  ein Gesamtkonzept und zusätzliche Schutzmaßnahmen für Traumatisierte. Zudem verwundert es, dass die Bundesregierung in ihrer Antwort konsequent den Begriff LGBTIQ vermeidet und stattdessen von „in der Fragestellung genannten Personen“ spricht. Da dränge sich laut Schauws die Frage auf, ob die Bundesregierung die spezifische Problemlage und den Schutzbedarf von Lesben, Schwulen, bi-, trans- und intersexuellen Menschen wirklich ernst nehmen wolle.

„Wir fordern die Bundesregierung auf, hier geschlossen und verantwortlich zu handeln und den Schutz sowie Zugänge zu medizinischer und psychologischer Versorgung von Frauen und LGBTIQ, die wegen ihres Geschlechts oder sexuellen Orientierung Gewalt erfahren haben und weiter gefährdet sind, in AnkER-Zentren sicher zu stellen.“


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