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Repressionen gegen CSD Freiburg? Nun wird geklagt!

CSD Freiburg
Foto: CSD Freiburg

Der CSD Freiburg 2018 soll in eineinhalb Wochen am 23./24. Juni stattfinden, doch legt die Stadt Freiburg dem CSD Verein ähnlich wie bereits 2017 mehr als nur Steine in den Weg, wie der Verein beklagt. Er will nun gegen die Stadt klagen, um für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und die Sichtbarkeit von LGBTIQ-Menschen zu kämpfen.

Wie uns der Verein auf Anfrage mitteilte, sei der Auflagenbescheid mittlerweile da und „die für uns nicht hinnehmbare Route damit in Stein gemeißelt“. Noch stehe nicht endgültig fest, gegen welche Punkte des Bescheids man vorgehen will, aber klar sei: „Da es nur noch gut eine Woche bis zum CSD sind, können wir dafür nur noch den Klageweg im einstweiligen Rechtsschutz bestreiten.“ Und: „Der CSD 2018 findet statt – auf die eine oder andere Weise“, kündigt der Verein entschlossen an. (Der Baltic Pride fand gerade mit Besucherrekord statt!)

2017 waren am Ende alle Seiten unzufrieden

Bereits 2017 habe es erhebliche Probleme bei der Planung und Durchführung des Christopher-Street-Day in Freiburg gegeben. „Trotz aller Bemühungen des CSD-Vereins und angesprochener Bedenken wurden unter anderem ein problematischer Aufstellungsort und eine unglückliche Route durch die Stadt Freiburg vorgeschrieben“, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins. „Bei der Demonstration realisierten sich die Probleme, sodass am Ende alle Seiten unzufrieden waren: die Stadt Freiburg, die Polizei, der CSD-Verein als Veranstalter, die Freiburger LGBTIQ-Community sowie viele Teilnehmende. Als Folge versuchte die Stadt Freiburg juristisch gegen den CSD-Verein vorzugehen. Ein Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft jedoch straflos ein. Nach Dezember 2017 folgten Bußgeldbescheide des Amts für öffentliche Ordnung, denen der Verein widersprochen hat.“ Das Verfahren dauere noch an.


PressemitteilungStadt Freiburg mit Repressionen gegen den Christopher-Street-DayDer Christopher-Street-Day Freiburg…

Gepostet von CSD Freiburg am Sonntag, 10. Juni 2018

Der CSD-Verein habe für die Planung der Pride in diesem Jahr die Initiative ergriffen und mit allen Beteiligten frühzeitig den Dialog gesucht, um Lösungen zu finden und alle Interessen bei der Planung zu berücksichtigen. Weitere Anfragen des Vereins gingen an die Polizei und den neuen Oberbürgermeister Martin Horn. (Die New Yorker Pride wirft ihre Schatten voraus.)

Rückkehr der “Rosa Listen”?
Eine besonders problematische Forderung des Amts für öffentliche Ordnung sei die Herausgabe personenbezogener Daten der am CSD Beteiligten. „Der CSD-Verein soll verpflichtet werden, vor dem CSD der Polizei und dem Amt Listen mit Namen von Ansprechpersonen, Wagenverantwortlichen und Ordner*innen abzugeben.“ Damit werde nach Ansicht des CSD-Vereins ein Generalverdacht erzeugt und die Demonstrationsfreiheit ungerechtfertigt eingeschränkt. „So stellt auch das Bundesverfassungsgericht klar, dass eine Verpflichtung des Veranstalters, personenbezogene Daten zu übermitteln, als erhebliche Erschwerung der Wahrnehmung des Versammlungsrechts anzusehen ist.“ Eine behördliche Erfassung personenbezogener Daten sei vor dem Hintergrund der Versammlung als Ausdruck queerer Emanzipation und als Schutzbereich der LGBTIQ-Community besonders kritisch zu sehen, so der Verein.

Eine Route der Unsichtbarkeit
Nach den Problemen von 2017 bat der CSD-Verein um eine Nachbesprechung, die ihm nicht gewährt wurde. Stattdessen wurden Neuigkeiten nur über den Umweg der Presse laut. Obwohl der CSD 2018 im November 2017 als Versammlung angemeldet wurde, gab es – nach zahlreichen Nachfragen – erst sechs Monate später im Mai einen Termin für ein Kooperationsgespräch, welches nur drei Tage vorher angekündigt wurde. Das Gespräch verlief zunächst konstruktiv und die Argumente schienen ernstgenommen, als am darauffolgenden Tag eine Bestätigung der vom CSD-Verein angemeldeten Route kam. Vier Tage darauf ließ das Amt für öffentliche Ordnung jedoch mitteilen, dass diese Nachricht nur ein Versehen und vollständig zu ignorieren sei.


Scheinbar wird mit zweierlei Maß gemessen, wenn Freiburgs größte LGBTIQ-Demonstration des Jahres aus verkehrstechnischen Gründen aus der Innenstadt ferngehalten werden soll

„Rund zwei Wochen vor dem CSD diktierte das Amt für öffentliche Ordnung eine neue Route, die die zentralen und belebtesten Straßen in der Freiburger Innenstadt auslassen soll“, klagt der Verein. Man scheine mit zweierlei Maß zu messen, wenn Freiburgs größte LGBTIQ-Demonstration des Jahres “aus verkehrstechnischen Gründen” aus der Innenstadt ferngehalten werden soll, während andere Demonstrationen und Veranstaltungen in Freiburg, die ebenfalls am Samstagen und Sonntagen mit LKW durch die zentrale Innenstadt fahren, offensichtlich kein Problem darzustellen scheinen (z.B. Global Marijuana March, Rosenmontagszug, Freiburg Marathon, etc.).

Verein „CSD Freiburg“ beklagt schlechte Kommunikation
„Gleiches war 2015 und 2016 für den CSD Freiburg noch möglich, obwohl sich an Zusammenstellung und LKW der Demonstration/Parade nichts geändert hat. Hätte es starke Bedenken gegen diese innerstädtischen Straßen gegeben, hätte man dies in den letzten sechs Monaten kommunizieren können, die gegenseitigen Positionen austauschen und Alternativrouten besprechen können. All dies ist weder im Vorfeld noch beim dreistündigen Kooperationsgespräch seitens des Amts für öffentliche Ordnung versucht worden.“

CSD Freiburg
Die Demonstration beim CSD Freiburg 2017 (Foto: CSD Freiburg)

In anderen Städten ist eine zentrale Route selbstverständlich und der CSD ein Fest in der Stadt: egal, ob in Karlsruhe, Straßburg, Stuttgart, oder Köln. „Es scheint“, so die Kritik des Vereins,.“ dass sich Freiburg gerne Vielfalt auf die Fahnen schreibt – aber Minderheitenschutz und Vielfalt zu leben, bedeutet eben doch viel mehr.“

Regenbogenfahnen zum CSD Freiburg
Auf Anfrage der Mannschaft verwies die Freiburger Pressesprecherin Edith Lamersdorf auf die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren: Da habe der CSD bereits mehrere Mal stattgefunden – teilweise sei sogar der Oberbürgermeister mitgelaufen, in jedem Fall hängen am Tag der Parade die Regenbogenfahnen am Freiburger Rathaus. „Die Stadt Freiburg ist eine offene und liberale Stadt, die deshalb die Durchführung des CSD auch in diesem Jahr begrüßt – und möglich macht“, so Lamersdorf.

„In Abwägung aller Interessenlagen von den Einzelhändlern, den Gästen, den Anwohnern, der Verkehrs- und Baustellensituation ist nach reiflicher Abwägung die im Bescheid genannte Streckenführung für den Samstag (23. Juni) entwickelt sowie die zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendigen Auflagen – wie bei anderen Veranstaltern auch – erlassen worden.“

Anderen Antragsstellern, die mit großen Wagen durch die Kaiser-Joseph-Straße fahren wollten, ist ebenfalls die Route nicht genehmigt worden

Den Wunsch, durch die zentrale Einkaufstraße zu ziehen, nannte die Sprecherin zwar „nachvollziehbar“. Aber: „Es sollen jedoch große Wagen mitgeführt werden, am einem Samstag. Um dies zu ermöglichen, müsste der Straßenbahnverkehr erheblich eingeschränkt werden und sehr strenge Auflagen für die Sicherheit verlangt werden. In Freiburgs Innenstadt gibt es momentan sehr viele Baustellen, die die Verkehrslage insgesamt schon schwierig und labil machen. Außerdem ist momentan die Höllentalbahn außer Betrieb und ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.“

Route ist alternativlos
„Dieser sowie die höhere Nutzung des ÖPNV erschweren die Lage in der Innenstadt zusätzlich. Anderen Antragsstellern, die mit großen Wagen durch die Kaiser-Joseph-Straße fahren wollten, ist aus diesem Grund ebenfalls die Route nicht genehmigt worden. So auch dem CSD. Andere Routen als die jetzt genehmigte sind ebenfalls geprüft worden, konnten aber eben wegen der Baustellensituation ebenfalls nicht angeboten werden.“

Stadtverwaltung muss für Gleichheit und Sicherheit aller sorgen
Dass der CSD nicht stattfindet, das wolle man auf keinen Fall, so Edith Lamersdorf. „Nur ist es Aufgabe einer jeden Stadtverwaltung, für Gleichheit und für die Interessenslagen der unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen sowie für die Sicherheit aller zu sorgen. Deshalb, wie oben beschrieben, ist die Route in diesem Jahr so fest gelegt worden, wie dem Verein mitgeteilt.“

Die Zeichen stehen in Freiburg auf Konfrontation.


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