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Ein Que(e)rschnitt durch das schwule Leben

Syrische Geflüchtete suchen ihren «Mr. Gay Syria». (Bild: zvg)

Der Mai ist der Monat von Pink Apple, dem grössten schwul-­lesbischen Filmfestival der Schweiz. Im Programm sind schwule Filme zu finden, die zeitgemässer nicht sein könnten.

Was weiss ein junger Schwuler – ein «Digital Native» – schon darüber, was es heisst, schwul zu sein? Vom Kampf gegen AIDS? Von der Diskriminierung, die schwule und bisexuelle Männer in den Achtziger- und Neunzigerjahren durchmachen mussten? Der US-amerikanische Spielfilm «After Louie» zeigt uns Sam (brillant: Alan Cummings), der viele Freunde und Liebhaber an AIDS verloren hat, und nicht verstehen kann, wie die Community nach vereintem Kampf zu dem geworden ist, was sie heute ist. Geplagt von Schuldgefühlen, einer der wenigen überlebenden schwulen Männer seiner Generation zu sein, findet er keinen Zugang zu den Jungen, die sich nur um die sozialen Medien und weniger um Politik zu scheren scheinen. Doch eine unerwartete Affäre mit dem um einiges jüngeren Braeden (Zachary Booth) verschafft ihm neue Perspektiven und bringt ihn dazu, sich mit den Traumata seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. «After Louie» feiert Schweizer Premiere am Filmfestival Pink Apple, das heuer vom 2. bis 10. Mai in Zürich und vom 11. bis 13. Mai in Frauenfeld stattfindet.

Syrische Schönlinge
Ein anderer Film, der uns einen komplett anderen Lebensalltag schwuler Männer näherbringt, ist «Mr. Gay Syria». Der Dokumentarfilm begleitet den syrischen Flüchtlingen Husein, der bei seiner Ankunft in der Türkei realisiert, dass er auch hier nicht frei leben und lieben kann. Währenddessen gründet Mahmoud im Exil in Berlin eine syrische LGBTIQ-Bewegung.

Ein gemeinsamer Wunsch verbindet die beiden Männer: Im Rahmen eines Schönheitswettbewerbs möchten sie aus ihrer Unsichtbarkeit treten und ihr von Unterdrückung geprägtes Leben für einen kleinen Moment hinter sich lassen. Mit packenden Bildern hält die Regisseurin Ayse Toprak das mutige Vorhaben fest – einen Traum, der angesichts der Flüchtlingskrise und der Homophobie in der muslimischen Welt zu zerplatzen droht.


Eindrückliches Juwel aus dem Kosovo
Einwanderinnen und Einwanderer aus den Balkanländern haben die Schweizer Gesellschaft stark mitgeprägt. Diesem Umstand will das Organisationskomitee des Pink Apple mit einem Themenschwerpunkt Rechnung tragen. Das ehemalige Jugoslawien soll aber auch deshalb ins Zentrum gerückt werden, weil es nicht gerade als tolerantes Pflaster für Schwule und Lesben gilt.

«The Marriage» handelt von Homosexualität im Kosovo. (Bild: zvg)

Nebst aktuellen und älteren Filmbeiträgen aus dem Balkan sowie Stimmen von Secondos und Secondas widmet sich der Spielfilm «The Marriage» der schwulen Lebensrealität im Kosovo. Wir erleben Anita und Bekim, die in Kürze heiraten und mitten in den Vorbereitungen für das grosse Fest stecken. Die Herausforderungen, darunter Bekims kontrollsüchtige Familie, sind einigermassen überschaubar, wäre da nicht sein heimlicher Liebhaber Nol, der unerwartet aus dem Ausland zurückkehrt und ihm seine anhaltende Liebe eröffnet. Während Bekim versucht, die Dreiecksbeziehung unter Verschluss zu halten, droht das Hochzeitsfest langsam aus dem Ruder zu laufen. Der Spielfilm der Filmemacherin Blerta Zeqiri gewährt einen seltenen filmischen Einblick in die Mentalität der Kosovarinnen und Kosovaren und lässt uns an ihrem Verständnis von Werten wie Familie, Ehe und Liebe teilhaben.

Ehrung für Christine Vachon
Der diesjährige Pink-Apple-Award wird an Christine Vachon vergeben. Die New Yorkerin hat mehrere Filme mitproduziert, darunter «Boys Don’t Cry», «Far From Heaven» oder «Carol», die weltweit erfolgreiche Verfilmung von Patricia Highsmiths autobiografischem Roman. Am Festival wird nebst einer Retrospektive ihrer Werke auch ihre jüngste Produktion, «My Days of Mercy», zu sehen sein, eine Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Frauen mit unterschiedlichen Überzeugungen. In den Hauptrollen sind Kate Mara («House of Cards») und Ellen Page («Juno»). Vachon wird in Zürich eine Masterclass halten und ihren Preis am 6. Mai am Filmpodium persönlich entgegennehmen.


Dieses Jahr wird Pink Apple nicht nur einen Award vergeben, sondern auch einen erhalten. Der Regierungsrat des Kantons Zürich würdigt am 17. April das über zwanzigjährige Engagement der Festivals mit der goldenen Ehrenmedaille.

Mehr Infos zum Filmprogramm findest du auf pinkapple.ch


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