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Katholische Kirche: Neuer Umgang mit Schwulen und Lesben?

Schwule Paare segnen
Liebe ist Liebe (Foto: svetikd)

Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode, hatte unlängst eine neue Diskussion über die Segnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in der katholischen Kirche angeregt. „Ich meine, wir müssen in der Kirche ausführlicher darüber diskutieren – Schweigen und Tabuisieren führt nicht weiter und verunsichert”, sagte Bode der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Man kann zum Beispiel über eine Segnung nachdenken, die nicht zu verwechseln ist mit einer Trauung.” (Da ist die evangelische Kirche längst weiter.)

Bode steht nicht alleine mit seiner Meinung. Martin Garmaier ist Pfarrer und Leiter des Pfarrverbandes Erding-Langengeisling und lädt seit vielen Jahren offensiv auch schwule und lesbische Paare zum Segensgottesdienst „für alle Liebenden“ ein. Der Pfarrer wird vom Bayerischen Rundfunk mit den Worten zitiert: „Wenn Menschen homosexuell sind, dann hat sie auch Gott so geschaffen.“ Man müsse die Menschen dann auch so ernst nehmen und annehmen in diesen Gefühlen, und dann habe man sie auch so entsprechend zu unterstützen. „Wenn ich das nicht tue, darf ich mich auch nicht wundern, dass die Menschen von der Kirche abhauen“, so Garmaier.

Auch der Mainzer Moraltheologe Stephan Goertzder bescheinigt der katholischen Kirche in Deutschland einen „Umschwung” im Umgang mit Homosexuellen. Es sei eine „neue bischöfliche Nachdenklichkeit” sowie eine „Abkehr von der bisherigen generellen Verurteilung homosexueller Beziehungen” erkennbar, schrieb Goertz jetzt in einem Gastbeitrag für die Zeit-Beilage „Christ & Welt”.


Er verwies auf jüngste Äußerungen von Bischof Bode sowie des Berliner Erzbischofs Heiner Koch. Ihre Wortmeldungen innerhalb kurzer Zeit „ließen aufhorchen”.

Neue Bewertung von homosexuellen Beziehungen

Goertz betonte, es sei „theologisch legitim und Zeichen von Lebendigkeit, wenn die Kirche im 21. Jahrhundert zu einer neuen Bewertung von homosexuellen Beziehungen gelangt”. Über lange Zeiten habe eine „rigoristische und erfahrungsarme Morallehre die Weiterentwicklung kirchlicher Positionen verhindert”, schreibt der Mainzer Theologieprofessor. „Hier ist unter Papst Franziskus eine Wende eingetreten”. Der moralischen Kompetenz und Urteilskraft der Menschen werde mehr zugetraut.

Wenn die Kirche bereit sei, „das Gute und Richtige in homosexuellen Ehen anzuerkennen”, würde dies „Verkrampfungen” lösen, so Goertz weiter. „Sie würde von den menschlichen Qualitäten und nicht den Defiziten von Homosexuellen sprechen. Die Kirche könnte in sich gehen und Abbitte bei denen leisten, in deren Biografien sie in der Vergangenheit gewütet hat.” Es sei Zeit für eine „Theologie des Leibes”, die die Wirklichkeit und Erfahrungen sexueller Minderheiten nicht länger an den Rand dränge. Die Kirche sei gut beraten, ihre Stellung im Staat nicht für einen „antiliberalen Kulturkampf gegen Freiheitsrechte” aufs Spiel zu setzen. Seit Oktober 2017 können Homopaare in Deutschland gleichberechtigt heiraten.


Schwule Paare segnen
2015 erschienen: „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“ (Foto: Herder)

Goertz hatte 2015 das Kompendium „Wer bin ich, ihn zu verurteilen? Homosexualität und katholische Kirche” herausgegeben. Kardinal Marx hatte Anfang Januar in der „Herder Korrespondenz” auch in Bezug auf Homosexualität Respekt vor Gewissensentscheidungen gefordert. Koch hatte im Juni erklärt, die Kirche habe Respekt „für jene gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, in denen über viele Jahre hinweg gegenseitige Verantwortung und Fürsorge übernommen wird”.

Das mit dem Segen können sich zwar viele in der Katholischen Kirche noch nicht vorstellen. Für Reinhard Kardinal Marx, der Schwule und Lesben früher gerne als „gescheiterte und zerbrochene Menschen“ bezeichnet hat, ist jedenfalls die gesetzliche Eheöffnung ein Irrweg. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hatte erst vor wenigen Wochen wieder darauf beharrt, dass „die Ehe auf die Beziehung zwischen Mann und Frau bezogen bleiben“ sollte. Und dann ist da noch der schweizerische Bischof Vitus Huonder. Er spricht über Homosexualität mit Verweis auf alttestamentarische Bibelstellen gerne von „Gräueltaten“ und warnt davor, dass die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben Ehe und Familie zerstöre und „psychische Störungen“ bei Kindern verursache. Papst Franziskus hat seine Amtszeit im vergangenen Jahr bis Ostern 2019 verlängert.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen als Liebesbeziehungen respektieren und akzeptieren

Aber die Stimmen derer, die eine Öffnung für Homopaare fordern, mehren sich. Das Zentralkomitee hat sich im vergangenen Jahr für den kirchlichen Segen ausgesprochen. Und bereits im Frühjahr 2016 hatte auch die Hauptversammlung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend in ihrem Beschluss „Zum kirchlichen Umgang mit Liebe und Partnerschaft“ gefordert, dass „gleichgeschlechtliche Beziehungen als Liebesbeziehungen respektiert und akzeptiert werden“.

Es ist, wie so oft, eine Generationenfrage: Nach dem Vorstoß von Bischof Bode fragte der BR bei seinen bayerischen Amtsbrüdern nach. Aber keiner mochte sich zum Thema Segnungen für Homopaare äußern. Die Frage sei, schlussfolgert die Autorin des Artikels, wie lange sie sich das noch leisten können.


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