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Möpse, Machos, Manila

Die Hiobsbotschaft kam letztes Jahr: Schluss mit nackt! Der Playboy verkündete, dass er seine Models in Zukunft nur noch bekleidet zeigen wolle. Das Prinzip «sex sells» funktioniere im Printbereich nicht mehr – wegen der Pornokonkurrenz aus dem Netz. Seit März erscheint das Herrenmagazin in Amerika darum ohne blanke Brüste. Auf die deutsche Ausgabe hat das allerdings keinen Einfluss. Hier gilt nach wie vor: Pralle Hupen sorgen für pralle Kassen.

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]«Alles, was Männern Spass macht.»[/perfectpullquote]

Den Playboy zu lesen, ist ein Erlebnis. Das viel grössere ist allerdings, ihn zu kaufen. Ich stehe in einem Kiosk in Süddeutschland. Die Kassiererin grinst mich dreckig an, während sie das Heft scannt. Ihr Blick sagt: «Du kleines Ferkel hast wohl kein WLAN zuhause». Die ultimative Demütigung folgt dann beim Verlassen des Geschäfts. «Ein schönes Wochenende und viel Spass ‹beim Lesen›.» Ich kann ihr Augenzwinkern förmlich hören.


Als Baby fand auch ich Brüste grossartig. Sie waren warm, bequem und voll mit leckerer Milch. So mit acht Monaten war mein Interesse dann weg. Komischerweise kam es auch in der Pubertät nicht mehr zurück. Jetzt, Jahre später, sitze ich mit einem Tittenmagazin in einem Bus und frage mich, ob meine Leidenschaft für Busen nochmals auf­flammen wird.

Der Werbespruch des Playboys lautet: «Alles, was Männern Spass macht.» Verstohlen blättere ich das Heft durch. Sämtliche Klischees scheinen bestätigt. Operierte Möpse, Autos, primitive Witze. Hugh Hefner steht also auf Kalauer wie «Woran erkennt man einen guten Tangotänzer? – Am feuchten Knie.» Das Heft wirkt anrüchig. Nicht nur fototechnisch, auch die Texte triefen nur so vor schmieriger Zweideutigkeit. Ein Beispiel: Auf Seite 82 wird die Wichsvorl…, pardon, das Playmate des Monats mit folgenden Worten vorgestellt: «Lea Götz wollte für ein paar Tage bei uns einziehen, da haben wir nicht nein gesagt. Und als echte Gentlemen haben wir ihr natürlich später auch beim Ausziehen geholfen …»

Der Playboy ist bekannt für seine guten Interviews. Das behaupten zumindest Leute, die ihn regelmässig lesen. Und tatsächlich. Regisseur Oliver Stone erzählt im Gespräch mit dem Heft äusserst offenherzig, was falsch läuft in den USA und warum die Amerikaner mit ihrer Konsumkultur Kuba ruinieren werden.


Playboy ist bekannt für seine Interviews. Regisseur Oliver Stone spricht über Titten, Trump und Terrorismus.

Auch die Kolumnen überzeugen. Eine Sexautorin verrät, warum nicht nur schwule Männer zur Kosmetikerin sollten, und Komiker Ingmar Stadelmann setzt sich für die politisch unkorrekte Gags von Andreas Thiel ein. Am besten ist jedoch die Reportage mit dem Titel «Zum Abschuss frei», die sich zwischen gefühlten zwanzig Paar Brüsten versteckt. Der Journalist begleitet eine Nacht lang einen Nightcrawler in Manila. Ein Sensationsfotograf, der Bilder von erschossenen Junkies macht. Jedoch nicht, um sie an den Meistbietenden zu verkaufen. Die Fotos sollen den Drogenkrieg auf den Philippinen mit all seiner Grausamkeit dokumentieren. Denn Präsident Rodrigo Duterte sprach im Mai zum Volk: «Wenn ihr Abhängige kennt, geht und bringt sie um.» Seither stellt die Polizei die Ermittlungen ein, wenn ein Mord etwas mit Drogen zu tun hatte. Dass nun viele Tatorte so hergerichtet werden, als hätten sie etwas mit Rauschgift zu tun, ist nur die Spitze des Eisbergs.

Es sind Artikel wie dieser, die den Playboy meiner Meinung nach lesenswert machen. Die ganzen Nacktfotos sowie die dümmlichen Witze dazwischen ziehen das Niveau allerdings arg unter die Gürtellinie. Oder wie der Playboy sagen würden: Hin zum feuchten Knie des Tangotänzers.

Kaufempfehlung für …
heterosexuelle Männer ohne Laktoseintoleranz, Aktfotografen

Frank Richter

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