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«Im Namen Gottes»: Homo-Paare und gläubige Beamte prallen aufeinander

Eigentlich sollte der Supreme Court mit seinem Urteil zur Homo-Ehe Klarheit schaffen. Doch in der amerikanischen Provinz wehren sich streng gläubige Standesbeamte gegen die Entscheidung aus Washington. Teils warten Schwule und Lesben auf ihre Ehe-Lizenz bis heute.

Dass sich Kim Davis in Louisville ohne weiteres einem Entschluss des obersten US-Gerichts widersetzen kann, rechtfertigt sie mit dem Hinweis auf eine höhere Instanz: Gottes Willen. Zumindest aus Sicht der streng gläubigen Christin ist es ihr Recht, schwulen und lesbischen Paaren die Heiratserlaubnis zu verweigern – obwohl der Supreme Court erst im Juni anders geurteilt hatte. Der eiserne Wille der Beamtin ist nur das jüngste Beispiel eines erbitterten Streits zwischen Befürwortern und Gegnern der Homo-Ehe in der amerikanischen Provinz.

Teils ziehen aufgebrachte Protestler schon vor die Standesämter. Zwar hatte das historische, in kraftvollen Worten geschrieben Urteil vom Juni Klarheit schaffen und endgültig festlegen sollen, dass noch bestehende Verbote von Homo-Ehen in 13 von 50 Staaten sowie in Teilen von Missouri aufgehoben werden müssen. Doch in mindestens zwei Landkreisen in Texas sowie einem Dutzend in Alabama weigern sich Beamte weiterhin, Homosexuellen die Ehe-Lizenz auszustellen. Sie sehen sich in der Ausübung ihrer Religion beeinträchtigt und lassen sich selbst von wütenden Demonstranten nicht aus der Fassung bringen.


So auch Kim Davis. Sie halte fest an einem «unumstrittenen Glauben, dass die Ehe nur eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau ist», ließen ihre Anwälte wissen. Nachdem ein Gericht anordnete, dass sie Homosexuellen die Lizenz erteilen muss, droht ihr eine Geldstrafe oder sogar Gefängnis. Doch als ein lesbisches und ein schwules Paar am Dienstag eine Heiratserlaubnis beantragen wollten, versteckte sie sich hinter heruntergelassenen Jalousien im Büro und ließ durch eine Kollegin wissen, dass heute keine Lizenzen ausgestellt würden.

«In wessen Namen stellen Sie keine Lizenz aus?», fragte der entsetzte David Moore mit seinem Partner in der Behörde, als sie sich den Paaren und den TV-Kameras stellte. «Im Namen Gottes», sagte Davis, und forderte das schwule Paar auf zu gehen. Und so zogen Moore und David Ermold trotz ihrer 17-jährigen Partnerschaft und des bahnbrechenden Urteils des Supreme Court Hand in Hand ohne Heiratserlaubnis davon – nun bereits zum fünften Mal.

Es geht längst nicht mehr nur um die Erlaubnis zu heiraten. In Colorado weigerte sich ein Bäcker, einem schwulen Paar eine Hochzeitstorte zu backen. Im August entschied ein Gericht schließlich, dass dies eine rechtswidrige Diskriminierung darstellt. In New Mexico kam es zu einem ähnlichen Gerichtsstreit mit einem Fotografen, der sich weigerte, die Hochzeit zweier Schwuler zu fotografieren.


Im beschaulichen Morehead ist die Lage derart emotional aufgeladen, dass die 49-jährige Beamtin Davis Morddrohungen erhielt und sich Protestler vor ihrem Fenster versammeln – einer von ihnen sogar mit Megafon. Im Internet machen wütende Nutzer ihrem Unmut Luft, verpassen der Behörde schlechte Bewertungen und fordern die Kündigung der Beamtin. Sie werde den Menschen in ihrem Landkreis weiter dienen, wolle aber nicht gegen ihr Gewissen verstoßen, schrieb diese. «Es ist eine Entscheidung zwischen Himmel und Hölle.» Auch heterosexuellen Paaren stellt sie keine Lizenzen mehr aus und verweist an eine der 130 weiteren Stellen in Kentucky.

Andere Gläubige feiern sie dagegen als Heldin. Bei einer Versammlung von gleichgesinnten Standesbeamten wurde sie mit Applaus begrüßt. Einer ihrer Unterstützer will mit einer Fahrradfahrt über mehr als 700 Kilometer durch Kentucky gar auf Davis‘ Notlage aufmerksam machen. Er selbst würde eher sterben, als Schwulen und Lesben die Heiratserlaubnis auszustellen, sagte der Standesbeamte eines anderen Landkreises von Kentucky einem örtlichen Radiosender.

Unter Rufen von Demonstranten wie «Gelobt sei der Herr!», aber auch Zuspruch, zogen die abgewiesenen Antragsteller Moore und Ermold am Dienstag ab. Ihre wiederholten Besuche bei der gläubigen Beamtin scheinen sich längst zu einem persönlichen Konflikt hochgeschaukelt zu haben. «Wer muss das durchmachen, um heiraten zu können?», sagte Moore. «Es ist 2015. Das ist Amerika. Das ist, wofür wir Steuern zahlen – um so behandelt zu werden. Um diskriminiert zu werden.»


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