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Polnischer Minister will Adoption durch schwule Väter verhindern

Eine in Grossbritannien lebende Polin weigert sich, ihr Kind in die Obhut der Männer zu geben

Regenbogenfamilien
Symbolfoto: AdobeStock

Eine in Grossbritannien lebende Polin muss ihren Sohn zur Adoption freigeben, weil sie ihre Aufsichtspflicht verletzt hat. Ihr Kind soll in die Obhut eines schwulen Paares kommen, was die Frau nun mit allen Mitteln verhindern will. Unterstützung erhält sie vom stellvertretenden Justizminister – ein weiteres Beispiel für die grassierende Homophobie in Polen.

Die von Regierung und Kirche radikalisierte Homophobie in Polen führt nun sogar zu einer Einmischung in die britische Rechtsprechung: Polens Regierung will die Adoption eines Kindes durch ein schwules Paar nicht zulassen, weil die Mutter Polin ist.

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Mutter akzeptiert Entscheid nicht
«Wir werden alles unternehmen, damit das Kind von einem Mann und einer Frau adoptiert wird», sagte Michał Wójcik, der stellvertretende Justizminister Polens. Die mögliche Intervention der polnischen Regierung kündigte Wójcik am Sonntag auf Wirtualna Polska an.

Das Newsportal berichtete am Freitag zuvor, dass der drei Jahre alte Harry, Sohn eines Briten und der polnischen Immigrantin Aneta Zrobczyńska, nicht länger bei seiner Mutter leben darf. Ein britisches Gericht entschied dies, nachdem sich Harry Verbrennungen zugezogen hatte, als ihn seine Mutter mit ihrer 13-jährigen Tochter allein liess. Die Frau leidet unter Depressionen und Epilepsie und hatte früher bereits das Sorgerecht für andere Kinder verloren.


Über die sozialen Medien soll sie dann erfahren haben, dass es zwei Männer sind, die ihren Sohn adoptieren werden. Während der Vater der Adoption zustimmt, weigert sich Zrobczyńska, dies zu tun. Sie suchte Hilfe auf der polnischen Botschaft, wo man ihr sagte, dass ein schwules Paar in Grossbritannien Kinder adoptieren dürfe und sie dies zu akzeptieren habe.

«Identität des Kindes bewahren»
Der Fall hat inzwischen nicht nur das Interesse rechtsradikaler polnischer Medien, sondern auch der polnischen Regierung geweckt. Der stellvertretende Justizminister Michał Wójcik liess verlauten, dass man den Fall im Ministerium besprochen habe. Wójcik kündigte für den heutigen Montag «intensive Massnahmen» an. Als ersten Schritt werde Polens Regierung von britischen Behörden Informationen zum Fall anfordern.

Wójcik nennt als mögliche Lösung die Adoption durch ein polnisches, heterosexuelles Paar. Dies wäre wichtig, um «die Identität des Kindes zu bewahren». Bereits 2017 beschwerte sich Wójcik in Berlin, dass Kinder polnischer Eltern bei deutschen und türkischen Familien ein neues Zuhause fanden. Er verlangte von den deutschen Behörden, dass die betroffenen Kinder Familien zugeteilt werden, wo Polnisch gesprochen werde.


Die Mutter Aneta Zrobczyńska gibt indes zu, dass sie «nicht perfekt» sei. Sie könne die Zeit nicht zurückdrehen, sagt sie gegenüber Wirtualna Polska. «Aber ich möchte, dass mein Sohn in eine liebevolle Familie kommt.»

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Homophobie in Polen verbreitet
Für den belgischen Politikwissenschaftler und Osteuropa-Experten der MANNSCHAFT Rémy Bonny ist der Fall keine Überraschung. Seit den Europawahlen arbeiten die machhabenden Politiker*innen erfolgreich mit homophober Hetze.

Die Wähler*innen der Regierungsparteien wohnen vor allem in ländlichen Gebieten. «Im Gegensatz zu den Städten gab es dort praktisch keine Fortschritte bezüglich LGBTIQ-Rechte», sagt Rémy Bonny. Dies sehe man auch den Dörfern und Regionen an, die sich im Sommer zu «LGBT*-freien-Zonen» erklärt haben (MANNSCHAFT berichtete).

Vorbild Russland
Auch wenn Regierung und Kirche (MANNSCHAFT berichtete) erfolgreich LGBTIQ-Hetze betreiben, gibt es auch gute Nachrichten bezüglich Homophobie in Polen: Laut dem Eurobarometer 2019 ist rund die Hälfte der Pol*innen für die europaweite Einführung der Ehe für alle.

Die Intervention hat sich die polnische Regierung womöglich bei Russland abgeschaut. 2014 trat dort nämlich ein Gesetz in Kraft, das gleichgeschlechtlichen Paaren weltweit die Adoption russischer Kinder verbietet.

«Polen orientiert sich – zusammen mit anderen zentral- und osteuropäischen Ländern – an den Russ*innen, wenn es um traditionelle Familienwerte geht», sagt Rémy Bonny. Es sei Zeit, dass sich die Europäische Union dieser Gefährdung der nationalen Sicherheit bewusstwerde.


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