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Streit um Regenbogenflagge: Polizei unter Beschuss

Ein Shitstorm gegen die Berliner Polizei überdeckt das eigentliche Problem: rechte Netzwerke innerhalb der Polizei

Berliner Polizei
Foto: Twitter

Die massiven Angriffe auf die Berliner Polizei wegen des Regenbogen-Symbols überdecken aktuell das eigentliche Problem: rechte Netzwerke innerhalb der deutschen Polizeibehörden.

Am Montag hissten die stellvertretende Leiterin der Direktion 6 und der dortige LGBTIQ-Ansprechpartner als Zeichen für Mitmenschlichkeit und Respekt die Regenbogenfahne vor ihrem Dienstgebäude in Berlin Marzahn.

Bereits zum Lesbisch-Schwulen Stadtfest in der Hauptstadt unterlegte auch die Gesamt-Berliner Polizei ihr Twitter-Profilbild mit Regenbogenfarben. Kritik kam u. a. vom Verband der «Unabhängigen in der Polizei». Sie erklärten auf Twitter, die Flagge hinter dem amtlichen Wappen der Polizei Berlin sei ein «klarer Verstoss gegen das Neutralitätsgebot». Das müsse man «scharf kritisieren».

Die Behörde erklärte umgehend dazu: Die Regenbogenfahne hänge immer wieder auch vor dem Polizeipräsidium. «Ein Bekenntnis zu Werten wie Respekt, Mitmenschlichkeit, Gleichberechtigung und Toleranz» schliesse Neutralität nicht aus, twitterte die Polizei Berlin.


Am Mittwoch Nachmittag schaltet sich noch Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik in die Debatte ein: Das Hissen der Flagge stehe nicht in Konkurrenz zum Neutralitätsgebot.

Der Berliner Politiker Tom Schreiber (SPD) ging sogar soweit, über Twitter Polizist*innen davor zu warnen, sich gegen das Hissen von Regenbogenflagge an Dienstgebäuden auszusprechen, und drohte ihnen: «Sollten hier Polizeibeamte tatsächlich irgendetwas von einem Verstoss gegen die Neutralität schreiben, bitte ich um die Namen. Dann kümmert sich der unmittelbare Vorgesetzte & die Behördenleitung darum! Ich auch!»

Nun wird Schreiber selbst bedroht, wie die Berliner Morgenpost erfuhr. Auf Facebook habe ihm  eine Frau geschrieben: «Für euch wird es irgendwann sowas wie den Nürnberger Prozess geben, ihr kommt nicht ungestraft davon.» Schreiber will Strafanzeige gegen die Frau erstatten.


Homosexualität als Geisteskrankheit
Bisheriger Tiefpunkt in der Debatte: Leyla Bilge, AfD-Mitglied und Aktivistin aus Brandenburg, erklärte am Dienstag via Twitter: «Als Zeichen für Geisteskrankheiten stellen sich unsere ‚Beschützer‘ zur Show ! Deutschland das hast du nicht verdient!»

Auch die Thüringer Polizei wurde angegriffen, als sie zum 50. Jahrestag der Stonewall Riots ihr Wappen mit der Regenbogenflagge unterlegte.

Ist die Polizei etwa zu LGBTIQ-freundlich? Wohl kaum. Vergangene Woche hielt Maneo, die Gewaltopferhilfe für schwule und bisexuelle Männer, im Rathaus von Berlin Schöneberg eine Feierstunde ab, um sich bei allen ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, Helfer*innen und Unterstützer*innen für ihr Engagement im letzten Jahr zu bedanken. Das war wichtig und gut und notwendig, aber was die Gastrednerin an dem Abend in ihrem Kurzvortrag sagte, stellte alles andere schnell in den Schatten. Margarete Koppers, Generalstaatsanwältin in Berlin, war gekommen und sprach über das Thema: «Herausforderungen des Rechtsstaates und seiner Sicherheitsbehörden: Vertrauensbildung, Transparenz und Dialog».

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Munition aus Polizeibeständen entwendet
Zu den aktuellen Herausforderungen gehören u. a. rechte Netzwerke bei der Polizei. Eine rechtsextremistische Gruppe soll deutschlandweit politisch motivierte Morde geplant haben. Sie habe auf Todeslisten Namen und Adressen von politischen Gegnern gesammelt, berichtete das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) Anfang des Monats unter Verweis auf Vernehmungsprotokolle des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA). Die Bundesanwaltschaft davon aus, dass die Rechtsextremisten Personendaten auch über die Regionen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg hinaus gesammelt haben. Der Gründer der rechten Gruppe «Nordkreuz» etwa soll mit drei Kollegen Munition aus Polizeibeständen entwendet und Tausende Patronen gehortet haben – er sitzt seit Mitte Juni in Untersuchungshaft.

Berliner Polizei
Margarete Koppers (re) und Maneo-Leiter Bastian Finke (Foto: Kriss Rudolph)

In Berlin lassen die Berichte über rechte Netzwerke bei der Polizei besonders aufhorchen. Schliesslich arbeitet die Behörde seit Jahren eng mit Organsiationen wie etwa Maneo zusammen, hat seit vielen Jahren LGBTIQ-Ansprechpartner*innen – womit sie der Polizei etwa in Sachsen um Lichtjahre voraus ist.

Dass es die rechten Netzwerke gibt, so Kopper, «stören jahrelange Arbeit von Maneo, bei der Vertrauen aufgebaut wurde». Schliesslich, wie es der ehemalige Berliner Polizeipräsident Klaus Kandt mal ausdrückte, habe sich die Polizei vom Verfolger der Community zum Partner entwickelt. Dies gilt auch für die Hamburger Behörde, wo man die LGBTIQ-Ansprechpersonen 2016 zu zwei hauptamtlichen Ämtern ausgebaut hat. 

Wir sind stark genug, damit klarzukommen.

«Keiner unterschätzt die Gefahren», erklärte Koppers, machte aber auch klar: „Wir sind die Mehrheit, und wir sind stark genug, damit klarzukommen. Uns zu vertrauen ist nicht mehr selbstverständlich. Der kritischen Auseinandersetzung müssen wir uns stellen. Sie warb dafür, dass die Sicherheitsbehörden diverser werden müssten, erklärte aber auch: «Berlin ist da schon recht weit.» Am Ende ihres Vortrags, für den sie lang anhaltenden Applaus bekam, appellierte sie an die anwesenden Polizist*innen und Ehrenamtler: «Lassen Sie uns nicht allein. Wir brauchen ihre Unterstützung.»

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Was tun gegen rechte Umtriebe bei der Polizei? Vor dem Berliner Landeskriminalamt demonstriert bereits seit Anfang Mai die Initiative Basta. Ihr Vorwurf an das LKA: In Sachen rechter Terror werde in Neukölln nicht richtig ermittelt.

Verfassungsfeindliche Verstösse von Polizisten statistisch erfassen!
Die Grüne wollen verfassungsfeindliche Verstösse von Polizisten statistisch erfassen. Eine Forderung, der sich auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Oliver Malchow, angeschlossen hat. «Angesichts der bekanntgewordenen Vorfälle der jüngsten Vergangenheit in der Polizei geht es darum, scharf hinzugucken», sagte Malchow dem Handelsblatt. «Statistiken lassen dabei Diskussionen fundierter werden», so der Gewerkschafter.


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