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Nachholtermin für Tiflis Pride erneut abgesagt

Der kurzfristig anberaumte Marsch wurde wegen unverhohlener Drohungen von Rechts wieder gecancelt

Tiflis Pride
Foto: Rémy Bonny

Wegen der angespannten Sicherheitslage im Land waren die Tiflis Pride und der March of Dignity am 22. Juni abgesagt worden. Ein kurzfristig anberaumter Termin wurde wegen Drohungen von Rechts wieder gecancelt.

In der Nacht kündigten die Organisator*innen der Tiflis Pride an, sie würden ihren March of Dignity an diesem Montag abhalten. Vor zwei Wochen hatten sie ihn wegen der angespannten Sicherheitslage im Land absagen müssen. Bei Twitter hatte der Vorsitzende der Pride, Giorgi Tabagari, angekündigt, man werde mit lokalen und internationalen Unterstützern auf die Strasse gehen:

Man hoffe, erklärte Tabagari zudem, dass die Regierung des Landes sich der Verantwortung bewusst sei, die Sicherheit aller Teilnehmer*innen zu schützen. Doch nur wenige Stunden später wurde die Pride wieder abgesagt. Einem Bericht des Portals civil.ge zufolge, habe der Anführer einer homophoben Gegenbewegung, Levan Vasadze, seine Unterstützer aufgefordert, sich um 10 Uhr zu versammeln, um die «Propaganda des Schmutzes» und die «Beleidigung des Landes» zu stoppen. Er habe zudem gedroht, die Teilnehmer des Marsches «wegzuschleppen» und sich falls nötig der Polizei in den Weg zu stellen.

Unser MANNSCHAFT-Experte für LGBTIQ-Anliegen in Osteuropa, Rémy Bonny, berichtet zudem, das sich erst vor zwei Tagen die Facebook-Gruppe Alpha-Dominant gegründet habe: Hier wurde ebenfalls dazu aufgerufen, sich der «LGBT propaganda» in den Weg zu stellen.


In einer am Sonntagabend bei Facebook hochgeladenen Videobotschaft erklärte Vasadze, es sei egal, ob die LGBTIQ-Aktivisten – so wörtlich – von armen Drogenabhängigen, armen Ausländern oder wer auch sonst die Regeln und Traditionen des Landes überschreitet und verletzt: «Wir werden all diese Leute da rausziehen.»

So ein Leben ist unerträglich

Die erneute Absage der Tiflis Pride, so der Aktivist Tamaz Sozashvili auf Twitter, sei auf die Unbeweglichkeit und Ignoranz der Regierung und besonders des Innenministeriums zurückzuführen.

Man habe keine Sicherheitsgarantien seitens der Behörden bekommen, klagte Sozashvili und erklärte: «So ein Leben ist unerträglich.»


Nach den Massenprotesten gegen den Auftritt eines russischen Abgeordneten im georgischen Parlament in Tiflis war die ursprünglich geplant Pride vor zwei Wochen abgesagt bzw. verschoben worden. Die Regierung hatte bereits vorab angekündigt, die Demo nicht zu schützen; dabei war es in den letzten Jahren immer wieder zu brutalen Gewalttaten gegen queere Menschen gekommen. Ort und Zeit der Pride sollten aus Sicherheitsgründen erst kurzfristig durch Telefonketten bekannt gegeben werden. Die Botschafter Deutschlands und der Niederlande hatten versucht, vor Ort dabei zu sein.

Reformen für LGBTIQ-Community
Die anderen Proteste im Land hatten zwischenzeitlich revolutionären Charakter angenommen und die Sicherheitslage war deshalb zu unübersichtlich, erklärt Ralf Gion Fröhlich vor zwei Wochen gegenüber MANNSCHAFT – der stellvertretende Bundesvorsitzender von LiSL (Liberale Schwule und Lesben) und Vorsitzender der europäischen Dachorganisation LGBTI Liberals of Europe war für die Pride nach Georgien gereist. Die Regierung habe laut Fröhlich der Community drei Reformen zugesagt: Es soll Notunterkünfte für queere Menschen geben, die Rechte von trans Menschen sollen gesetzlich besser geregelt werden und der Premierminister soll einen nationalen LGBTIQ-Berater an die Seite bekommen. Der Pride-Verein fordert zudem einen Nationalen Aktionssplan gegen Homo- und Transphobie.

Erneut brutale Verfolgungen in Tschetschenien

Georgien – nach Ansicht der deutschen Bundesregierung ein sicheres Herkunftsland – und die Türkei sind Mitglieder im Europarat. Mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat der Europarat wichtige Instrumente geschaffen, diese Grundrechte durchzusetzen. «Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich im Ministerkomitee des Europarats für die Grundrechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen sowie dem Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern stark zu machen.» Das Gleiche gelte für die deutschen Vertreterinnen und Vertreter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, erklärte Helmut Metzner, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD).

In Georgien sind homosexuelle Handlungen seit 2000 legal. Es gibt seit fünf Jahren Antidiskriminierungsgesetze zum Schutz der sexuellen Orientierung. Eingetragene Partnerschaften sind nicht möglich, von Eheschliessungen für schwule oder lesbische Paare ganz zu schweigen.


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