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Wegen Massenprotesten: Tiflis Pride wird verschoben

Die Sicherheitslage ist angespannt, der georgische Parlamentspräsident trat am Freitag nach Massenprotesten zurück

Tiflis Pride
Archivbild (Foto: Tbilisi Pride Verein/Facebook)

Wegen der angespannten Sicherheitslage im Land werden die geplante Tiflis Pride und der March of Dignity auf unbestimmte Zeit verschoben. Derweil hat die Regierung Georgiens der LGBTIQ-Community Reformen zugesagt.

Nach den Massenprotesten gegen den Auftritt eines russischen Abgeordneten im georgischen Parlament in Tiflis ist am Freitag Parlamentspräsident Irakli Kobachidse zurückgetreten – die Beziehungen zwischen Georgien und Russland sind seit Jahren angespannt. Kobachidse habe die Verantwortung übernommen und sein Amt niedergelegt, erklärte der Generalsekretär der regierenden Parteienbündnisses Georgischer Traum, dessen Mitglied Kobachidse ist. Tausende aufgebrachte Demonstrant*innen hatten am Donnerstagabend versucht, das Parlamentsgebäude in der Hauptstadt zu stürmen. Hunderte wurden verletzt.

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Wegen der angespannten Sicherheitslage im Land wird auch der geplante March of Dignity auf unbestimmte Zeit verschoben, erklärte Ralf Gion Fröhlich gegenüber MANNSCHAFT, der sich in Tiflis aufhält – Fröhlich ist stellvertretender Bundesvorsitzender von LiSL (Liberale Schwule und Lesben) und Vorsitzenden der europäischen Dachorganisation LGBTI Liberals of Europe.

Unterstützung für Tiflis Pride
«Die mutigen georgischen Aktivisten wurden unterstützt von mehreren Botschaften, einer EU-Mission und dem Büro der Vereinten Nationen sowie mehreren Pride Organisationen und liberalen Organisationen und Stiftungen unterstützen, um einen friedlichen öffentlichen Raum für die Pride, für Würde und Sichtbarkeit der LGBTIQ-Community zu schaffen», so Fröhlich.


Vor Ort sind auch die ehemalige deutsche Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), hier im Gespräch mit Julian Kull (LisL NRW) und Ralf Gion Fröhlich vor ein paar Tagen. Leutheusser-Schnarrenberger lobte den Mut der Aktivisten bei der Planung und Vorbereitung der Pride, schliesslich sei die Gesellschaft in Georgien nicht besonders offen für LGBTIQ.

Zuvor war das Orga-Team massiv bedroht worden. Einer der Pride-Organisator*innen, Tamaz Sozashvili, berichtete am Donnerstag via Twitter von Drohgebärden durch rechte Gruppen sowie von Morddrohungen:

Die Regierung hatte angekündigt, die Demo nicht zu schützen; dabei war es in den letzten Jahren immer wieder zu brutalen Gewalttaten gegen queere Menschen gekommen. Ort und Zeit der Pride sollten aus Sicherheitsgründen erst kurzfristig durch Telefonketten bekannt gegeben werden. Die Botschafter Deutschlands und der Niederlande hatten versucht, vor Ort dabei zu sein.

Reformen für LGBTIQ-Community
Die anderen Proteste im Land hatten zwischenzeitlich revolutionären Charakter angenommen und die Sicherheitslage war deshalb zu unübersichtlich, erklärt Fröhlich gegenüber MANNSCHAFT. Die Regierung habe der LGBTIQ-Community aber drei Reformen zugesagt: Es soll Notunterkünfte für queere Menschen geben, die Rechte von trans Menschen sollen gesetzlich besser geregelt werden und der Premierminister soll einen nationalen LGBTIQ-Berater an die Seite bekommen. Der Pride-Verein fordert zudem einen Nationalen Aktionssplan gegen Homo- und Transphobie.

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Am Donnerstag hatten die Aktivisten von AllOut zusammen mit Fröhlich dem georgischen Premier 28.000 Unterschriften überbracht. Die Unterzeichner forderten die Behörden auf, im Rahmen der Tiflis Pride das Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit durchzusetzen und zu schützen.

Georgien – nach Ansicht der deutschen Bundesregierung ein sicheres Herkunftsland – und die Türkei sind Mitglieder im Europarat. Mit der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat der Europarat wichtige Instrumente geschaffen, diese Grundrechte durchzusetzen. «Die Bundesregierung ist aufgefordert, sich im Ministerkomitee des Europarats für die Grundrechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen sowie dem Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern stark zu machen.» Das Gleiche gelte für die deutschen Vertreterinnen und Vertreter in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, erklärte Helmut Metzner, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD).

In Georgien sind homosexuelle Handlungen seit 2000 legal. Es gibt seit fünf Jahren Antidiskriminierungsgesetze zum Schutz der sexuellen Orientierung. Eingetragene Partnerschaften sind nicht möglich, von Eheschliessungen für schwule oder lesbische Paare ganz zu schweigen.


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