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Ein Doppelbett? Nur für «normale» Paare!

Ein Hotel in Istanbul verwehrte zwei Männern ein Zimmer mit Doppelbett. Grund: Zusammen schlafen sei verboten. Buchungsplattformen befürworten diese Praxis zwar nicht, tolerieren sie aber.

Alan S. stand an der Rezeption des Emerald Hotel in Istanbul und traute seinen Ohren nicht. Der Rezeptionist wollte wissen, ob der später ankommende Gast ebenfalls ein Mann sei. «Das Standardzimmer mit Doppelbett ist ‹normalen› Paaren vorbehalten», teilte ihm der Rezeptionist mit. «Es ist verboten, dass zwei Männer im selben Bett schlafen.»

Der Zürcher liess sich nicht beirren. Das Hotel befand sich in der Nähe des Taksim-Platzes, einer unter schwulen Männern beliebten Gegend, und Alan hatte in der Vergangenheit nie Schwierigkeiten gehabt, mit einem anderen Mann ein Hotelzimmer in Istanbul zu bekommen. Ausserdem war das Hotel auf travelgayeurope.com empfohlen worden. «Ich fragte ihn, wo auf der Website oder in den Geschäftsbedingungen stehe, dass zwei Männer nicht in einem Bett schlafen dürfen.»

Der Rezeptionist, der gemäss Alan die ganze Zeit in einem «enorm unfreundlichen und abschätzigen Ton» sprach, entgegnete, dass nichts auf der Website vermerkt werden müsse. Da keine anderen Standardzimmer mit getrennten Betten verfügbar seien, müsse das Paar in eine Juniorsuite mit Einzelbetten wechseln. Dafür sei ein Aufpreis von 120 Euro für vier Nächte fällig. Andernfalls müsse er die Behörden informieren.


Aufgrund der kritischen Lage für LGBTIQ-Menschen in der Türkei gab Alan nach. Es war Donnerstagabend, es regnete und er hatte eine anstrengende Reise hinter sich. «Ich wusste nicht, ob ich gleich ein anderes Hotel finden würde und gab darum vorerst nach», erzählt er der Mannschaft. Also bezahlte er den Aufpreis.

«Es ist verboten, dass zwei Männer im selben Bett schlafen.»

Nichts wie weg
Alan bezog das Zimmer und suchte auf seinem Laptop nach einem neuen Hotel. Für ihn war klar, dass er mit seinem Partner keine Nacht hier verbringen wollte. Nicht wegen den Einzelbetten, sondern aufgrund der unangenehmen Erfahrung mit dem Rezeptionisten. «In einem Hotel, das derart homophob eingestellt ist, verbringe ich keine Nacht!», sagt er.

Die meisten Hotels in der Umgebung waren ausgebucht, Zimmer erst ab Samstag verfügbar. Nach einer Stunde des Suchens und Herumtelefonierens wurde Alan schliesslich fündig. Ein Hotel in der Nähe hatte ein Zimmer frei und keine Probleme damit, ihn und seinen Partner in einem Zimmer mit Doppelbett unterzubringen.


An der Rezeption versuchte er vergeblich, die Kosten für die Reservierung und den Aufpreis für die Suite zurückzufordern. Sowohl die Buchung als auch das Upgrade seien für vier Nächte bezahlt worden und nicht rückerstattungsfähig. Dann wurde er noch gefragt, ob er das andere Hotel über die «spezielle Situation» informiert hätte.

Im Emerald Hotel in Istanbul dürfen zwei Männer nur ein Zimmer mit Einzelbetten beziehen. (Symbolbild: iStock)

Hotel ist weiterhin auf hotels.com aufgeführt
Später bestätigte das Management des Emerald Hotel per E-Mail die Regelung, keine Männer im selben Bett übernachten zu lassen.

Alan meldete den Vorfall umgehend der Buchungsplattform hotels.com, die er für die Buchung und Zahlung seines Zimmers beim Emerald Hotel verwendet hatte. Der Kundendienst erstattete ihm nicht nur die Kosten des Zimmers, sondern auch das Upgrade für die Juniorsuite zurück. «Es ist sehr beschämend und diskriminierend, wie sich dieses Hotel verhalten hat», sagt Thomas Alexander, Zuständiger für Reservierungen bei hotels.com. «Hotels.com hat sehr gut reagiert», sagt Alan gegenüber der Mannschaft. «Ich bin froh, dass ich auf ihre unkomplizierte Unterstützung zählen konnte.»

«Kulturelle Normen und Gästerichtlinien sind je nach Land und Unterkunft unterschiedlich»

Obwohl man die homophobe Praxis ablehne, werden Hotels wie das Emerald in Istanbul von hotels.com weiter toleriert. «Kulturelle Normen und Gästerichtlinien sind je nach Land und Unterkunft unterschiedlich», sagt Simon Matthews, Pressesprecher von hotels.com, gegenüber der Mannschaft. «Diese Richtlinien werden von den einzelnen Unterkünften erstellt und nicht von hotels.com. Wo möglich, führen wir uns bekannte Richtlinien bei den Hotelinformationen auf.»

Neuer Vermerk: nicht gay-friendly
In der Tat wird das Emerald Hotel bei hotels.com seit diesem Vorfall nun als «nicht gay-friendly» vermerkt. Der Hinweis ist allerdings nicht auf den ersten Blick sichtbar und befindet sich bei den Hotelinformationen unter «Wissenswertes» im unteren Drittel der Website.

Auch travelgayeurope.com, ein virtueller Reiseführer für schwule Reisende, führte das Emerald Hotel trotz Reklamation von Alan weiterhin auf seiner Webseite auf. Nachdem Mannschaft Magazin die Betreiber um eine Stellungnahme gebeten hatte, verschwand das Hotel plötzlich von der Plattform, die Anfrage blieb unbeantwortet.

Taksim
Mit vielen Bars und Clubs ist die Gegend rund um den Taksim-Platz bei vielen schwulen Männern beliebt. (Bild: iStock)

Anspruch auf Rückvergütung
«Ich bin seit 40 Jahren in der Reisebranche tätig», sagt Ray Fuhrer gegenüber der Mannschaft. Er ist Geschäftsführer von Pink Cloud Travel Service, einem Reisebüro, das sich auf Reisen für schwule und lesbische Pärchen und Alleinreisende spezialisiert hat, und zeigt sich vom Vorfall überrascht. «Noch nie habe ich von einem solchen Erlebnis gehört.»

Fuhrer lobt die schnelle und verständnisvolle Reaktion von hotels.com, fügt aber hinzu, dass die Buchungsplattform mit der Rückerstattung der Reservationskosten ihren rechtlichen Pflichten nachgekommen sei. «Ein Hotel muss in seinen Richtlinien klar festhalten, dass es zwei Männer in einem Doppelbett nicht duldet», sagt der Reiseexperte. «Tut es das nicht, hat der Gast Anspruch auf eine Rückvergütung.» Dass die Buchungsplattform auch die Kosten des Upgrades für ein Zimmer mit Einzelbetten zurückerstattet habe, sei allerdings keine Selbstverständlichkeit.
«Wir prüfen bei allen Unterkünften, mit denen wir zusammenarbeiten, ob sie den Bedürfnissen unserer Kundschaft entsprechen», sagt Fuhrer. «Käme es vor Ort aber doch zu einer Ablehnung durch das Personal eines unserer Partnerhotels, würden wir sofort einen Ersatz organisieren.» Das sei bei Pink Cloud aber noch nie vorgekommen.

Wer seine Reise selbst organisiert und unsicher ist, ob schwule Paare willkommen sind, kontaktiert das Hotel am besten noch vor der Buchung, empfiehlt Fuhrer. «Damit kann man solchen Situationen aus dem Weg gehen.» Bei Aufenthalten in Ländern, in denen homosexuelle Beziehungen kriminalisiert oder gesellschaftlich eher tabuisiert sind, tue man gut daran, sich im Vorfeld gründlich mit Land und Leuten auseinanderzusetzen. «Oder sich an Leute wenden, die sich besser auskennen.»

«Man darf nicht vergessen, dass andere Kulturen eine andere Einstellung haben zu homosexuellen Beziehungen.»

Die Betten auseinandergeschoben
Fuhrer betont, dass es sich bei Alans Erlebnis um eine seltene Ausnahme handle, und man sich dadurch nicht abschrecken lassen dürfe. «Hoteliers auf der ganzen Welt sind darum bemüht, ihre Gäste willkommen zu heissen und ihnen einen möglichst schönen Aufenthalt zu ermöglichen. Das gilt auch für die Türkei», sagt er.

Als Reiseberater ist Fuhrer oft unterwegs und hat schon erlebt, dass man ihn und seinen Partner mit hochrotem Kopf beim Check-in im Hotel begrüsst habe, um dann im Zimmer noch kurzerhand die Betten auseinanderzuschieben. «Man darf nicht vergessen, dass andere Kulturen eine andere Einstellung haben zu homosexuellen Beziehungen. Das muss man respektieren.»

Kein Türkei-Besuch mehr geplant
Alan hat nicht vor, in absehbarer Zeit wieder in die Türkei zurückzukehren. Sein Besuch hat ihm allgemein nicht sehr gefallen, nicht nur wegen der negativen Erfahrung im Emerald Hotel. «Die Stimmung in der Stadt war sehr bedrückt», sagt er. «Auch Freunde haben mir bestätigt, dass sich die Situation in Istanbul zurzeit negativ entwickelt.»

Er will in Zukunft ohnehin nicht wieder in ein Land reisen, das gegenüber schwulen Beziehungen konservativ eingestellt ist. Falls doch, würde er zuerst abklären, ob es sich beim Hotel um eine gay-friendly Unterkunft handelt. Sein Zimmer würde er sofort wieder mit hotels.com buchen. Die kulante Reaktion des Kundendiensts hat der Buchungsplattform einen treuen Kunden beschert. «Ich bin froh, hatte ich das Doppelzimmer über sie und nicht direkt über das Hotel gebucht», sagt er. «Hotels.com hat mir gezeigt, dass sie auch im Notfall für mich da sind.»


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