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Schwule Väter – Samenspender oder der beste Papa der Welt?

Regenbogenfamilien sind mehr als nur Zwei-Mütter-Familien

Vatertag
Foto: Pixabay/Stocksnap

Es ist richtig – die meisten Regenbogenfamilien sind Zwei-Mütter-Familien. Doch die Welt der Regenbogenfamilien ist bunter. Es gibt Zwei-Väter-Familien, Mehr-Eltern-Familien und auch alleinerziehende Mütter und Väter. Mit Vätern, die Vater sein wollen. Und nicht Samenspender. Die Verantwortung übernehmen und Liebe geben. Und aus eigener Erfahrung weiß ich: es kann die beste Entscheidung Deines Lebens sein.

Lange war auch in der Community die Sicht auf Regenbogenfamilien rein weiblich. Das Rollenklischee „für Kinder sind die Frauen zuständig“ wurden auch in unserer Community lange gepflegt. Der LSVD hat sich erst beim Verbandstag 2017 nach langwierigen Debatten auf Positionen verständigen können, die die Belange von Lesben und Schwulen in Regenbogenfamilien gleichgewichtig vertreten. Und eine solche Interessenvertretung ist dringend notwendig.

Denn die rechtliche Rolle der Regenbogenväter ist schwierig.

Denn die rechtliche Rolle der Regenbogenväter ist schwierig. Das deutsche Familienrecht ist auf Mutter, Vater, Kind ausgerichtet. Mehr-Eltern-Familien kommen höchstens beim Umgangsrecht vor und dann gedanklich immer in Trennungssituationen. In der Realität gewinnt aber das sogenannte Co-Parenting in Regenbogenfamilien an Bedeutung. Also Familien, in denen es von Anfang an zwei Mütter und zwei Väter gibt. Diese Lesben und Schwulen wollen ausdrücklich eine familiäre und rechtliche Bindung des Kindes an die Mütter- und die Väter-Seite. Doch dem steht das heutige Familienrecht im Weg.

Will heute die Co-Mutter in einer Mehr-Eltern-Familie rechtliche Mutter werden, so muss der Vater auf seine Vaterrechte verzichten. Er ist dann auf den Goodwill der Mütter angewiesen, um getroffene Vereinbarungen etwa zum Umgang einzuhalten – gerade wenn das Kind noch klein ist und die Bindung noch nicht stabil. Umgekehrt, wenn der Vater die Vaterrechte behält, hat die Co-Mutter im Fall einer Trennung von der leiblichen Mutter diese schlechten Karten.


Elternschaftsvereinbarungen bereits vor der Zeugung
Die Freien Demokraten fordern deshalb eine Reform des Familienrechts. Als einzige Partei im Deutschen Bundestag sprechen sie sich für die Anerkennung von rechtlichen Mehr-Eltern-Familien aus – einschließlich der rechtlichen Verwandtschaft zu mehr als zwei Eltern. Zudem befürwortet die FDP die Wirksamkeit von Elternschaftsvereinbarungen bereits vor der Zeugung. Diese machen Verabredungen zwischen den Wunsch-Eltern verbindlich und vermeiden böse Überraschungen im späteren Leben.

Dagegen wollen die Grünen lediglich die automatische Mutterschaft der verheirateten Co-Mutter analog zu den Heteros. Das ist für den Fall einer Befruchtung mittels Samenbank oder anonymer Samenspende auch völlig in Ordnung und dringend anzustreben. Aber automatische Mutterschaft ohne Vorrang einer Elternschaftsvereinbarung würde Mehr-Eltern-Familien zumindest mit verheirateten Müttern unmöglich machen. Denn dann wäre der Vater immer rechtlos gestellt – egal was man vereinbaren möchte.

Nicht einmal eine enge Freundin oder die Schwester des Ehemanns darf für ein schwules Paar ein Kind austragen.

In einer schwierigen Lage befinden sich übrigens auch schwule Männer, die ihr Vaterglück über eine Leihmutterschaft suchen. Das ist mit viel Geld und Aufwand verbunden. Denn in Deutschland und der Schweiz ist selbst die altruistische Leihmutterschaft verboten. Nicht einmal eine enge Freundin oder die Schwester des Ehemanns darf für ein schwules Paar ein Kind austragen. Stattdessen geht der Weg meist in die USA. Dies ist rechtlich kein Problem. Denn die Leihmutter-Kinder aus den USA werden in Deutschland immer dann als alleinige Kinder des Vaters anerkannt, wenn Gerichte vor Ort dies so entschieden haben. Am Ende führt die heutige Rechtslage nicht zur Verhinderung der Leihmutterschaft, sondern zur Förderung der kommerziellen Leihmutterschaft in den USA. Zu Lasten derjenigen Wunschväter, die sich diesen Weg finanziell nicht leisten können.


Auch in der Frage der Reproduktionsmedizin ist die FDP die einzige Partei, die eine Änderung der Rechtslage fordert. Die Freien Demokraten haben sich für die Zulassung der Eizellspende und der nicht-kommerziellen Leihmutterschaft ausgesprochen. In mehreren EU-Staaten ist das schon Gesetz. Es wird Zeit, dass auch in Deutschland ein Umdenken einsetzt.

Sieht man aber von diesen familienrechtlichen Untiefen ab, so haben schwule Väter die gleichen Themen wie heterosexuelle Väter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Verfügbarkeit von Kinderbetreuung, der Zustand unserer Schulen und der Umstand, dass man auf dem Spielplatz und im Kindercafé als Mann in der Minderheit ist. Eins ist aber in jedem Fall speziell: man muss mehr erklären, wie man lebt. Man wird manchmal auch schief angeschaut. Und man merkt, dass nicht nur Heteros, sondern auch zahlreiche Schwule nicht verstehen, warum Schwule jetzt auch Kinder haben wollen. Und warum sie plötzlich andere Prioritäten im Leben setzen.

Neben der Veränderung des Familienrechts ist es deshalb mein Wunsch zum Vatertag, dass auch ein kultureller Wandel einsetzt. Dass schwule Väter genauso zur Normalität gehören wie Vater-Mutter-Kind-Familien oder die Regenbogenfamilien mit zwei lesbischen Müttern. So wie sie für die eigenen Kinder das bedeuten, was die meisten Väter sind: die besten Papas der Welt.

Text: Von Michael Kauch, Bundesvorsitzender der Liberalen Schwulen und Lesben (LiSL)

Michael Kauch
Michael Kauch (Foto: Facebook)

Die MANNSCHAFT veröffentlicht in loser Folge Debattenbeiträge zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Die Kommentare spiegeln ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autor*innen wieder, nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion. Michael Kauch (51) ist der Bundesvorsitzende der Liberalen Schwulen und Lesben in Deutschland, Chef des Völklinger Kreises und Vater einer Tochter.


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