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«LGBT-Prides braucht es nach wie vor»

Odette Hella’Grand moderiert die Zurich Pride

Am Freitag steht Odette Hella’Grand als Moderatorin auf der Bühne des Zurich Pride Festivals. Im Interview mit der Mannschaft spricht sie über Perücken, das Pride-Motto und die Entstigmatisierung HIV-Positiver.

Odette, am Freitag führst du gemeinsam mit Alexander Wenger durch das Abendprogramm der Zurich Pride – wie kam es, dass du für die Moderation angefragt wurdest?
Das habe ich meinem Sieg beim «Heaven Drag Race» zu verdanken. Es gehörte zum Preis dazu, dass die Gewinnerin die Co-Moderation an der Pride übernehmen darf.

Wie bereitest du dich vor?
Wir werden unter anderem die Acts ansagen, also google ich sicher einmal sämtliche Künstlerinnen und Künstler und schreibe dann die Moderationen. Und natürlich ist die Garderobe wichtig: Ich habe eine neue Perücke und ein neues Kleid gekauft – eines mit ganz viel Glitzer und ganz viel Stoff (lacht)!

Wie viele Perücken und Kleider besitzt du unterdessen?
Zurzeit habe ich 16 Perücken und etwa 35 Kleider.


Bist du nervös?
Nein, überhaupt nicht. Der Adrenalinschub kommt aber dann kurz bevor ich auf die Bühne trete. Es ist aber nicht das erste Mal, dass ich vor einer grossen Menschenmenge stehe. Ich bin es gewohnt.

Wann war deine erste Pride?
Ich nahm vor vier Jahren zum ersten Mal teil, damals war ich aber noch nicht in Drag. Ich dekorierte den Wagen der Zürcher Aidshilfe für den Umzug. Es war ein toller Anlass, ich fühlte mich sehr ausgelassen.

Was sagst du zum diesjährigen Pride-Motto?
Ich finde es sehr gut. Die Pride ist immer eine Chance, um zu einem Thema Stellung zu beziehen. Angesichts der aktuellen Lage ist es wichtig, die schwierige Situation von LGBT-Flüchtlingen zu thematisieren und den Leuten erneut ins Bewusstsein zu rufen.


Die Pride wird teilweise kritisiert, auch von Mitgliedern der LGBT-Community. Es komme den Anliegen der LGBT nicht zugute, wenn man solche Anlässe durchführe. Was sagst du zu dieser Meinung?
Wir sind sehr viel weiter als vor 30, 40 Jahren, aber noch sind wir nicht am Ziel. Ich finde, es braucht Events wie die Pride. Es ist gut, auf diese Weise auf unsere Forderungen aufmerksam zu machen.

Du hast früher Aufklärungsarbeit für die Aidshilfe beider Basel gemacht – wie lief das?
Ich machte bei den «HotBoys Basel» mit. Das Team bewegt sich in der Gay-Szene der Region, zum Beispiel an Partys und in Bars, macht auf die Angebote des Checkpoints sowie auf laufende Kampagnen aufmerksam, verteilt Präventionsmaterial und informiert über Schutzmassnahmen. Ich war vier Jahre lang mit dabei. Für mich war es eine ideale Gelegenheit, um mich für die Community einzusetzen.

Welches Thema liegt dir besonders am Herzen?
Die Entstigmatisierung von HIV-Positiven. Es gibt noch immer zu viele Vorurteile gegenüber HIV-positiven Menschen, und oft sind solche Einstellungen die Folge fehlenden Wissens zum Thema. Ich habe einige gute Freunde, die positiv sind. Ich habe miterlebt, wie sie litten, als sie die Diagnose erhielten. Sie machten sich unter anderem Sorgen um die Reaktionen der Leute. Das sollte nicht sein. Das Virus ist heute kontrollierbar. HIV-Positive, die unter wirksamer Therapie stehen, sind nicht mehr ansteckend. Es ist sehr wichtig, dass ein jeder über das Thema nachdenkt und sich selbst einmal ehrlich fragt: Wie denke ich darüber? Ich selbst war vor meiner Arbeit für die Aidshilfe Basel auch negativer eingestellt, weil mir schlicht die nötigen Informationen gefehlt hatten.


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