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„Die Kirche fördert weltweit die Kriminalisierung von Homosexuellen“

Papst Franziskus scheint immer wieder Signale in Richtung schwule Community auszusenden: Er traf sich bei einer US-Reise mit einem längjährigen Freund Yayo Grassi und dessen Partner Iwan, einem schwulen Paar aus Argentinien. Außerdem hat sich der Pontifex von der homophoben US-Staatsdienerin Kim Davis distanziert, die sich weigerte, Homopaaren eine Hochzeitslizenz auszustellen. Sie deuten in Ihrem Buch an, dass er sich nicht durchsetzen kann und dass die Glaubenskongregation über ihn lacht, weil er an das Ideal der Brüderlichkeit glaubt. Ist es eine Überinterpretation, zu glauben, dass dieser Papst offener ist als die Kirche, dessen Oberhaupt er ist?

Für mich gibt es da nichts zu interpretieren. Man muss nur lesen, was er zum Beispiel am 8. Dezember 2016 geschrieben hat, dann weiß man, wo Franziskus steht. Das war kurz nach der Familiensynode, als er ausgerechnet das homophobe Gesetz von Papst Benedikt bestätigte: Homosexuelle könnten nicht Priester sein, weil sie keine emotionale Reife hätten und psychisch Kranken vergleichbar seien, sie sind angeblich nicht in der Lage, richtige Beziehungen aufzubauen. Herr Grassi wäre also besser beraten, die Menschenrechte von Homosexuellen gegen diese kirchliche Lehre zu verteidigen und weniger den Papst zu küssen.

Papst
Trotz Rückendeckung durch den Papst: Das Referendum der Allianz für die Familie» ist gescheitert. (Bild: Foxmental)

Haben Sie noch Kontakt mit ehemaligen Seminaristen und Weggefährten?
Ja, ich habe Kontakt zu vielen Seminaristen und Priestern auf der ganzen Welt. Homosexuelle Priester sind Zeugen eines großen Leidens. Einige sind sehr gespalten. Sie leben den Konflikt zwischen ihrer gesunden Natur und den Lehren der Kirche. Für die Kirche sind sie krank, pathologisch, nicht normal.


[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Das ist meine persönliche Revolution. [/perfectpullquote]

Gab es von Seiten des Vatikan Versuche, Ihr Buch zu verhindern?
Seit dem Tag meines Coming-outs setzt der Vatikan alles daran, mich in Verruf zu bringen. Keine Frage, er unterhält ein leistungsfähiges Netzwerk von Kontakten und Einflüssen. Das ist der Kampf eines mächtigen Systems gegen eine einzelne Person. Aber ich bin frei und glücklich und lasse mir das nicht mehr nehmen. Das ist meine persönliche Revolution. Was ich in meinem Buch „Der erste Stein“ niedergeschrieben habe, wünsche ich allen Menschen, die sich von verschiedenen Systemen diskriminiert fühlen.

[infobox maintitle=“Krzysztof Charamsa, Der erste Stein“ subtitle=“Als homosexueller Priester gegen die Heuchelei der katholischen Kirche.
C. Bertelsmann Verlag, 320 Seiten“ bg=“orange“ color=“black“ opacity=“off“ space=“30″ link=“https://www.kopp-verlag.de/Der-erste-Stein.htm?websale8=kopp-verlag&pi=A4442406″]


 

* Im Urteil der Glaubenskongregation von 1992 heißt es außerdem:

„11.Es gibt Bereiche, in denen es keine ungerechte Diskriminierung ist, die sexuelle Veranlagung in Betracht zu ziehen, wie z.B. bei der Zuweisung von Kindern zur Adoption oder bei der Auswahl von Pflegeeltern, der Einstellung von Lehrern und von Sportlehrern, oder im Militärdienst.“

[perfectpullquote align=“full“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Die Rechte von homosexuelle Personen […] können aufgrund eines Verhaltens, das objektiv als ungeordnet zu bezeichnen ist, zu Recht eingeschränkt werden. [/perfectpullquote]
„12.Homosexuelle Personen haben als menschliche Personen dieselben Rechte wie alle anderen Menschen, und ihre Personenwürde darf keinesfalls verletzt werden (vgl. Nr. 10). Abgesehen von den anderen Rechten haben alle Menschen das Recht auf Arbeit, auf Wohnung usw… Doch nichtsdestoweniger sind dies keine absoluten Rechte. Sie können aufgrund eines Verhaltens, das objektiv als ungeordnet zu bezeichnen ist, zu Recht eingeschränkt werden. Dies ist zuweilen nicht nur rechtmäßig, sondern verpflichtend, und zwar nicht nur im Falle schuldigen Verhaltens, sondern auch im Falle von Handlungen geistig oder körperlich kranker Menschen. So wird es ja auch akzeptiert, daß der Staat z.B. im Falle von Menschen, die ansteckende Krankheiten haben oder geistig krank sind, die Ausübung von Rechten einschränken kann, um das Allgemeinwohl zu schützen.“


«Als Schwarzer wird man eher übersehen»

«Im Fernsehen einen schwulen Jugendlichen zu sehen, war eine Revolution.»