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Ehemaliger britischer Rennfahrer outet sich

Der britische Rennfahrer Danny Watts hat sich gegenüber motorsport.com als schwul geoutet. Der 37-Jährige hatte sich erst letzten Sommer aus dem Rennsport zurückgezogen und ist nun als Ausbildner tätig.

Während seiner 24-jährigen Karriere fürchtete er die Reaktionen anderer Rennfahrer und einen Verlust von Werbeverträgen, wenn seine Sexualität bekannt geworden wäre. «Ich glaubte, sie unterdrücken zu müssen, weil der Rennsport eine so maskuline Sportart ist», sagt er gegenüber der Website.

Angst vor homophoben Sprüchen
2010 gewann Watts das 24-Stunden-Rennen von Le Mans, ein Langstreckenrennen, an dem er fast jährlich teilnahm.


«Alle im Rennfahrerlager hatten Freundinnen, also hatte ich auch eine, um nicht aufzufallen», sagt er gegenüber GayStarNews.com. «Als die Beziehung zu Ende ging, suchte ich mir eine neue. Und so gab ich während 17 Jahren vor, heterosexuell zu sein.» Noch heute ist er mit der Rennfahrerin Fiona Leggate verheiratet und hat einen gemeinsamen Sohn mit ihr.

Um die Fassade des heterosexuellen Rennsportlers aufrechtzuerhalten, habe er lügen und sich als Frauenheld ausgeben müssen. Auf die Frage, weshalb Watts so lange gewartet habe, sich zu outen, sagt er: «Ein Leben im Versteck war notwendig, um meine Karriere im Rennsport voranzutreiben.»

Watts hat regelmässig am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teilgenommen. (Bild via Twitter)

Diese Zeit habe er als schmerzvolle Tortur erlebt. «Es gab genug homophobe Witze und Beleidigungen, dener man sich bedienen konnte. Ich nahm an, dass man mich vernichten würde, wenn ich offen und ehrlich sein würde.»


Während seiner Karriere mied er es, sich mit LGBT-Menschen anzufreunden. «Ich habe nicht mit ihnen gesprochen – aus Angst, jemand würde es bemerken und eins und eins zusammenzählen.»

Ehefrau ahnte es schon lange
In den sechs Monaten nach seinem Rücktritt kämpfte Watts lange mit der Entscheidung, das Coming-out zu wagen. «Man verleugnet sich gegenüber seinem Umfeld und vermittelt einen glücklichen und offenen Eindruck. Kaum ist man alleine und steigt abends in Bett, liegt es auf deiner Seele und zermürbt dich.»

Zuerst vertraute sich Watts seinem engsten Umfeld an, später seinen Freunden. «Viele waren anfänglich geschockt, aber sie waren auch unterstützend.»

Er outete sich auch gegenüber seiner Frau und seinem Sohn. «Meine Frau sagte mir, dass sie schon lange gewusst habe, dass ich schwul bin und dass sie glücklich ist, dass ich endlich dazu stehen kann.»

Seit seinem Coming-out ist Watts im Reinen mit sich selbst. «Jetzt, wo ich nicht mehr meine jahrzehntealte Lüge aufrechterhalten muss, habe ich viel mehr geistige Kraft.» Er will sich als Vorbild für LGBT-Menschen im Rennsport engagieren. Vor negativen Reaktionen anderer Rennfahrer hat er keine Angst mehr.

«Ich habe keine Sponsoren mehr, denen ich Rechenschaft schuldig bin», sagt er. «Eine negative Reaktion hat keine Auswirkung mehr auf mein Einkommen.»

Auch vor «Trollen» im Rennsport – seien das Fans oder Rennfahrer – habe Watts keine Angst mehr. «Ihre Meinung ist mir nicht länger wichtig.»


Danny Watts 2016 in einem Interview auf YouTube. (Bild via YouTube)

«Traurig», dass dies 2017 noch eine Schlagzeile wert ist
Auf Motorsport.com wandte sich der Journalist Matt Beer in einem Abschnitt an die Leserschaft des Rennsportportals, womöglich um allfällige negative Reaktionen zu entschärfen: «Einige Leser denken vielleicht, dass uns die Sexualität eines Rennfahrers nichts angeht und wir nicht darüber schreiben sollten. Dass es sich dabei um ein Detail aus dem Privatleben handelt, das mit unserer Berichterstattung über den Rennsport nichts zu tun hat.»

Es sei das eine, wenn jemand das eigene Privatleben nicht an die grosse Glocke hängen will. Etwas ganz anderes sei es aber, wenn jemand glaubt, sein Privatleben um jeden Preis geheim halten zu müssen, weil ihm die Alternative grosse Angst bereitet.

«Was ich nach seinem Coming-out spürte, war Traurigkeit. Dass dies noch Neuigkeiten sind», so Beer. «Dass es 2017 noch Bereiche gibt, wo jemand glaubt, ein Statement über die eigene Sexualität sei notwendig anstatt davon auszugehen, dass einem die Kollegen trotzdem akzeptieren.»

Es sei stellenweise erschütternd gewesen, die Vorgeschichte seines Coming-outs zu hören, schreibt Beer. «Niemand sollte die Erfahrungen machen, die Watts in den letzten Monaten durchgemacht hat – hoffentlich reagiert der Rennsport in einer Art und Weise, die das beweist. Und das andere, die sich mit denselben Herausforderungen konfrontiert sehen, es ebenfalls auch nicht müssen.»


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