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Dem Druck standhalten

Am 26. Juni löste die Polizei die verbotene Istanbul Pride gewalttätig auf. Mit dem Schnappschuss einer niedergeschlagenen LGBT-Aktivistin gewann der türkische Fotograf Akin Çeliktaș den «Pride Photo Award 2016».

Akin, wie war die Stimmung an der Pride?
Wegen den Protesten und einigen islamistischen Gruppierungen war es keine freundliche Pride. Mit Tränengas und Gummischrot versuchte die Polizei, die Demonstrierenden auseinanderzubringen. Einige Islamisten gingen wie Jäger auf LGBT-Menschen los. Man konnte ihren Hass auf die Community förmlich spüren.

Schon letztes Jahr mischte sich die Polizei in den Demonstrationsumzug ein. Damals waren alle schockiert, weil die Istanbul Pride noch nie gestört worden war.

Ich will, dass die Welt die Realität in der Türkei sieht.

Gab es viel Gewalt?
Nein. Obwohl die Polizei einige Aktivisten festnahm, war ihr Hauptziel, die Demonstration aufzulösen. Ich denke, die Gewalt ist nicht physischer Natur, sondern richtet sich gegen Gedanken der Sexualität und der Geschlechtervielfalt in der Türkei.


Die sozialen Unruhen in der Türkei sind wiederkehrende Sujets in Akins Arbeit.
Die sozialen Unruhen in der Türkei sind wiederkehrende Sujets in Akins Arbeit.

Was bedeutet dir der «Pride Photo Award»?
Es ist fantastisch und ich bin sehr glücklich, da es meine erste Auszeichnung ist. Ich bin ein Fotojournalist und es ist meine Aufgabe, der Bevölkerung eine Stimme zu geben, ihre Geschichten zu erzählen und das Unrecht aufzuzeigen, das ihr angetan wird. Dieser Award ist eine Bestätigung, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Akin Çeliktaș Fotojournalist & Preisträger «Pride Photo Award 2016»
Akin Çeliktaș
Fotojournalist & Preisträger «Pride Photo Award 2016»

Wie sieht deine alltägliche Arbeit als Fotograf aus?
Ich habe schon viele Proteste und gesellschaftliche Ereignisse erlebt, die sich um Gewalt, Verbote und Machtkämpfe drehten. Daher ist dieses Bild repräsentativ für meine Arbeit. Durch meine Fotos versuche ich, die Tiefe der verschiedenen Probleme aufzuzeigen.

Ich hatte nur wenige Sekunden Zeit, um dieses Bild zu machen.

Dein Foto zeigt eine Aktivistin, die resigniert am Strassenrand steht. Was faszinierte dich an ihr?
Sie sieht alleingelassen aus. In ihr spiegeln sich die Wut und die sexuelle Diskriminierung der türkischen Gesellschaft. Und trotzdem hält sie dem ganzen Druck stand. Das ist auch der Titel des Fotos: «Standing against all pressure.»


Mit dem Bild will ich die Situation in meinem Land zeigen, in dem LGBT-Menschen weder Toleranz noch Respekt erfahren. Es ist lächerlich.

Was geschah in dem Moment, als du abgedrückt hast?
Ich hatte nur wenige Sekunden Zeit, um dieses Bild zu machen. Die Polizei befand sich auf dem Rückzug, nachdem es ihnen nicht gelungen war, einige LGBT-Aktivisten festzunehmen.

Nach dem Selbstmordattentat am Atatürk-Flughafen im Juni entfernt ein Arbeiter Blutspuren von der Wand.
Nach dem Selbstmordattentat am Atatürk-Flughafen im Juni entfernt ein Arbeiter Blutspuren von der Wand.

Wie wurde das Foto in deinem Land aufgenommen?
Die Zeitung, für die ich arbeite, wollte es nicht veröffentlichen. Ich war am Boden zerstört, denn ich glaube, dass dieses eine Bild die ganze Debatte um die «Sicherheitsbedenken» der verbotenen Istanbul Pride symbolisiert. Man gab mir das Gefühl, dass ich diese Geschichte nicht erzählen darf und dass meine Fotografie keinen Wert hat. Das war jedoch nicht unerwartet, denn Polizeigewalt gegen LGBT-Aktivisten ist schlechte PR für eine regierungsnahe Zeitung wie diese.

Ein Freund erzählte mir dann vom «Pride Photo Award» und ich entschloss mich zur Teilnahme. Ich will, dass die Welt die Realität in der Türkei sieht.

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