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LGBT-Delegation: Und dann ging es los!

Im Rahmen des International Visitor Leadership Program (IVLP) durften wir – Maria von Känel, Delphine Roux, Renato Pfeffer und Markus Stehle – in die USA reisen, um uns mit amerikanischen Kollegen über LGBT-relevante Themen zu unterhalten. Ziel dieses Austauschs ist die Förderung der Menschen- und Bürgerrechte von LGBT-Personen, wobei ein besonderer Fokus auf der «Ehe für alle» liegt.

Am vergangenen Montagmorgen war es soweit: Das IVLP begann! Zum Auftakt des Programms wurden wir in den prächtigen Räumlichkeiten des Meridian International Centers von Stephen E. Taylor vom Department of State sowie von Elizabeth Barry und ihren Kolleginnen vom Meridian äusserst herzlich begrüsst. Danach informierte uns Elizabeth im Detail über die bevorstehenden Treffen und Meetings mit diversen Politikern, Medien-, NGO- und Religionsvertretern. Das Zustandekommen all dieser Gesprächstermine sowie die hervorragende Organisation der Reise als solcher haben wir den intensiven gemeinsamen Bemühungen von Elizabeth, Stephen und ihren Teams zu verdanken. Mitverantwortlich für den reibungslosen Ablauf des Programms ist auch J. Barry Lewis, der uns auf dieser zweiwöchigen Tour begleitet und uns immer wieder mit zahlreichen Anekdoten und Episoden in die amerikanische Geschichte, Kultur und Politik entführt. Zudem ist er ein äussert geduldiger, humor- und verständnisvoller «Troubleshooter», der uns in der vergangenen Woche vergessene Handys und verlorene Portemonnaies jeweils in Kürze wieder besorgen konnte. Für all seine Hilfe und Unterstützung sei ihm an dieser Stelle bereits herzlich gedankt!

Starker Föderalismus
Am Nachmittag erhielten wir von Akram Elias, CEO der Capital Communications Group, einen Crashkurs zum Thema «Amerikanischer Föderalismus». Dies half ungemein, um die rechtliche Situation von LGBT-Personen in diesem Land besser zu verstehen. Das föderalistische System ist in den USA stark ausgeprägt, die meisten Rechtsbereiche unterliegen der Legislativgewalt der einzelnen Bundesstaaten. Somit sind viele LGBT-relevante Fragen – zum Beispiel das Adoptionsrecht für Homosexuelle oder der Zugang zur künstlichen Befruchtung – von Staat zu Staat unterschiedlich geregelt. Die vielen Gespräche der letzten Woche zeigten, dass dies für die Bemühungen vieler US-amerikanischer LGBT-Gruppierungen äussert relevant ist: Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit ist auf die Einführung von Bundesgesetzen ausgerichtet, die Ungleichheiten und die Benachteiligung von LGBT-Menschen landesweit beseitigen sollen.


Die «National LGBTQ Task Force» ist die älteste national agierende LGBTQ-Organisation der USA.
Die «National LGBTQ Task Force» ist die älteste national agierende LGBTQ-Organisation der USA.

Die «National LGBTQ Task Force»
Eine dieser Organisation durften wir am späteren Nachmittag gleich kennen lernen: Die «National LGBTQ Task Force», die älteste national agierende LGBTQ-Organisation der USA. Sie setzt sich unter anderem für mehr Gleichheit und Fairness am Arbeitsplatz, im Gesundheitsbereich oder der Altersvorsorge ein – nicht zuletzt durch die Mobilisierung und Ausbildung zahlreicher Aktivisten. Nach dem bereichernden Austausch mit den Task Force-Mitarbeitenden war Feierabend, zufrieden kehrten wir ins Hotel zurück.

«The Lavender Scare»: Schwule und Lesben unter Verdacht
Am nächsten Morgen gab uns Dr. Chad Heap, Professor an der George Washington University, einen Überblick zur LGBT-Geschichte der USA. Er erzählte uns zum Beispiel vom sogenannten «Lavender Scare» – einer Zeit in den Fünfzigerjahren, in der die US-amerikanische Regierung reihenweise Staatsangestellte aufgrund derer Homosexualität entliess. Es wurde befürchtet, dass Schwule und Lesben mit den Kommunisten sympathisieren könnten und anfälliger auf Erpressungsversuche seitens des Feindes seien.

Chad Heap kam auch auf den kürzlich gefällten Entscheid des höchsten US-amerikanischen Gerichts zu sprechen, wonach homosexuelle Paare neu in allen fünfzig Bundesstaaten heiraten können. Dieser Entscheid sei zweifelsohne ein Meilenstein für die LGBT-Bewegung, er führe aber auch zu einer paradoxen rechtlichen Situation für Lesben und Schwule. Er veranschaulichte dies mit einem Beispiel, das im Verlauf der letzten Woche auch in anderen Gesprächen verwendet wurde: In vielen Staaten sei es nun möglich, dass eine homosexuelle Person am Samstag heirate, am Sonntag überglücklich einen entsprechende Meldung auf Facebook poste und am Montag vom homophoben Chef entlassen werde – ohne dass die oder der Betroffene etwas gegen diese Diskriminierung am Arbeitsplatz machen könnte. Entsprechende Antidiskriminierungsgesetze existieren erst in 22 Staaten und auch auf Bundesebene fehlt ein solches Gesetz.


Erfolgreich bekämpftes Referendum
Danach ging die Reise nach Baltimore, Maryland. Nach einem Mittagessen in der «Cheesecake Factory» (lecker!) wurden wir vom Direktor, dessen Stellvertreter sowie der Chef-Anwältin der «Maryland Commission on Civil Rights» zu einem Gespräch empfangen. Diese Kommission ist eine staatliche Behörde und damit beauftragt, alle Formen von Diskriminierung zu eliminieren – so auch die Diskriminierung von LGBTI-Personen. Wir erfuhren unter anderem, dass die Kommission aktiv in der Abstimmungskampagne beteiligt war, mit der im Staate Maryland für die Aufrechterhaltung der «Ehe für alle» geworben wurde. Maryland hatte die Ehe im Jahr 2012 geöffnet, konservative Kräfte ergriffen aber umgehend das Referendum gegen das neue Gesetz. Somit musste das Stimmvolk an der Urne entscheiden. Die Mehrheit der Bürger sprach sich noch im gleichen Jahr für die gleichgeschlechtliche Ehe aus. Maryland wurde damit zum ersten Staat, in dem ein Referendum gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe erfolgreich bekämpft wurde.

«Equality Maryland» setzt sich im Staate Maryland seit über 25 Jahren für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie Trans- und Intersex-Personen ein.
«Equality Maryland» setzt sich im Staate Maryland seit über 25 Jahren für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie Trans- und Intersex-Personen ein.

Allianzen schmieden
Massgebend zu diesem Abstimmungserfolg beigetragen hat auch die Non-Profit-Organisation «Equality Maryland», mit der wir gleich im Anschluss einen Termin hatten. Diese Vereinigung setzt sich im Staate Maryland seit über 25 Jahren für die Gleichberechtigung von Schwulen, Lesben, Bisexuellen sowie Trans- und Intersex-Personen ein. Die Gespräche waren äusserst aufschlussreich. Die Mitarbeitenden verfügen gerade auch im Bereich der Kampagnenarbeit über einen grossen Erfahrungsschatz, den sie gerne mit uns teilten. Unter anderem sei es für gute Kampagnen sehr wichtig, die richtigen Verbündeten für die Sache zu gewinnen: Heterosexuelle Bekannte oder Familienmitglieder zum Beispiel, die ihre persönliche Geschichte erzählen und entschlossen und öffentlich für die Rechte von LGBTI-Menschen einstehen, aber auch Vertreter konservativer Parteien und religiöser Gruppierungen. Vor allem wenn die Unterstützung von unerwarteter Seite komme, erziele sie grosse Wirkung.

Nach den beiden Treffen in Baltimore fuhren wir zurück nach Washington, wo ein Nachtessen in einem äthiopischen Restaurant für die perfekte Abrundung eines spannenden Tages sorgte.


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