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Gerechtigkeit der Geschlechter: Schwedens neutrales Fürwort «hen»

Er, sie, «hen»: Mit einem geschlechtsneutralen Pronomen im Wörterbuch haben die Schweden eine jahrzehntelange Debatte beendet. Im deutschsprachigen Raum fordern vor allem Transmenschen ein solches Wort.

(dpa) – Wie beschreibt man einen Menschen, der sich weder als Mann noch als Frau versteht? «Er» oder «sie» scheiden schliesslich aus. Die Schweden haben für dieses Dilemma eine Lösung gefunden: Wer ein schwedisches Wörterbuch aufschlägt, findet irgendwo zwischen den Einträgen «han» für «er» und «hon» für «sie» seit Mittwoch das geschlechtsneutrale «hen». Darüber, ob das Wörtchen dort hingehört, streiten die Skandinavier seit vielen Jahren. Im deutschsprachigen Raum dagegen ist ein eigenes Fürwort für Transmenschen in der Öffentlichkeit bislang kaum ein Thema.

Dabei gibt es durchaus Vorschläge. «Wir könnten x als Pronomen einführen», meint Lann Hornscheidt, am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Berliner Humboldt-Uni mit Gender Studies und Sprachanalyse beschäftigt. Im Kampf gegen Klischees und Diskriminierung möchte Hornscheidt selbst etwa gern mit «Professx» statt «Professor» oder «Professorin» angesprochen werden. Wer Hornscheidt eine Mail schreibt, sollte auf die Anrede «Liebe»/«Lieber» verzichten und stattdessen «Hallo» oder «Guten Tag» wählen.

Fürwort muss von der Gesellschaft getragen werden


Profx Lann Hornscheidt (Bild: gender.hu-berlin.de)
Profx Lann Hornscheidt (Bild: gender.hu-berlin.de)

«Es ist eine neue Herausforderung für die Gesellschaft, nicht nur von Zweigeschlechtlichkeit auszugehen», sagt Hornscheidt. Ein Aufbruch sei aber zu bemerken. Bei Facebook können deutsche Nutzer ihr Geschlecht seit vergangenem Herbst auch als «Inter*» oder «transsexuell» angeben. Im vergangenen Jahr hatte ein junger Mensch aus Niedersachsen ausserdem – vergeblich – versucht, vor Gericht einen dritten Geschlechtseintrag im Ausweis durchzusetzen.

«Ich glaube, dass ein neutrales Pronomen kommen wird», meint Hornscheidt. Doch das könnte noch dauern, schätzt der langjährige Chef der Gesellschaft für deutsche Sprache, Rudolf Hoberg. «Wenn das von einem grossen Teil der Menschen akzeptiert wird, ist es eine vernünftige Lösung», sagt der 79-Jährige. Führe man aber aus dem Nichts ein solches Fürwort ein, könne es sich im Sprachgebrauch schwer durchsetzen. Hierzulande drehe sich die Diskussion immer noch eher darum, ob man alles in männlicher und weiblicher Form nennen muss – etwa Lehrer/in. «Da scheinen die Schweden weiter zu sein.»

In dem skandinavischen Land ist «hen» im Sprachgebrauch schon verbreitet. Das Fürwort wird aber nicht nur benutzt, um eine Transperson zu beschreiben. Es kommt vor allem auch zum Einsatz, wenn das Geschlecht egal oder unbekannt ist. Damit erfülle es eine klare Funktion, sagt der Chefredaktor der Liste, Sven-Göran Malmgren: «Man muss nicht die ganze Zeit ‹sie› oder ‹er› sagen.» Für die Schwedische Akademie ein Grund, das Wörtchen trotz der Proteste in die Liste aufzunehmen. «Manche Menschen sind das nicht gewohnt, aber sie müssen es ja nicht benutzen.»


In einem sind sich die Sprachforscher einig: Das grammatisch neutrale deutsche Wörtchen «es» kommt als geschlechtsneutrales Pronomen nicht infrage. Auch viele Transmenschen lehnen das ab. «Das würden die Menschen als Objektifizierung verstehen. Das ‹Es› hat ja etwas sehr stark Sächliches», meint Professx Hornscheidt. «Ich glaube, es muss eine neue Form sein.»


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