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Treffen zu Ehe und Familie: Kluft zwischen Lehre und Realität

Am Wochenende beginnt im Vatikan ein Bischofstreffen, das es in sich hat: Es geht darum, wie die katholische Kirche Ehe, Familie und Sexualität sieht. Der Papst hat rund um den Globus nachgefragt – und die Ergebnisse stellen die Weltkirche vor eine grosse Herausforderung.

Text: Daniel Rademacher
Foto: Mazur/catholicnews.org.uk, (CC BY-NC-SA 2.0)

Scheidung, Abtreibung und Homo-Ehe: Es könnte wohl weniger heikle Themen geben, mit denen sich die katholischen Bischöfe ab diesem Sonntag (5.10.) in Rom zwei Wochen lang beschäftigen werden. Im Zentrum: Papst Franziskus, der zu der aussergewöhnlichen Versammlung im Vatikan eingeladen hat. Von einer Weichenstellung seines Pontifikats ist im Vorfeld gar die Rede. Doch es mehren sich die Stimmen von Kirchenoberen, die sagen: Bei Ehe und Familie müssen zwar neue Realitäten anerkannt werden, die kirchliche Lehre wird sich aber nicht ändern.


Solchen neuen Wirklichkeiten wollen sich die Synodenväter stellen. Bahnbrechende Neuerungen oder gar definitive Entscheidungen sind von dem Treffen, das am Sonntag vom Papst eröffnet wird, aber nicht zu erwarten. Vielmehr soll die Synode, an der neben den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen auch einige Laien teilnehmen, Vorarbeit leisten für eine weitere im kommenden Jahr zum gleichen Thema.

Grundlage für die Arbeit der Synode, die den offiziellen Titel «Die pastoralen Herausforderungen im Hinblick auf die Familie im Kontext der Evangelisierung» trägt, ist ein knapp 90 Seiten starkes Papier. Es entstand auf Basis einer Umfrage unter den 114 nationalen Bischofskonferenzen im Auftrag von Papst Franziskus.

Das Oberhaupt der Katholiken, das in vielerlei Hinsicht frischen Wind in die Weltkirche gebracht hat, wollte es genau wissen. Und erstmals überhaupt wurde nach der Haltung der gewöhnlichen Kirchenmitglieder gefragt.


Keine Neudefinition der Ehe
Worum geht es konkret? Zwar hält das Papier «Instrumentum Laboris» daran fest, dass die Ehe zwischen Mann und Frau Grundlage der Familie sei. Vor allem in Europa und Amerika seien aber «wilde Ehen» längst keine Experimente mehr, sondern stabile Lebensformen. Erst bei der Taufe der Kinder werde Vielen bewusst, dass sie nach katholischer Sicht in einer «irregulären Situation» lebten.

Alle Bischofskonferenzen hätten sich zwar gegen eine Neudefinition der Ehe ausgesprochen. Beispielsweise gegenüber der Homo-Ehe müsse die Kirche aber eine respektvolle, nicht verurteilende Haltung finden.

Das Dokument hält ganz deutlich fest, dass es ein verbreitetes Unbehagen von Gläubigen an der Kirchenlehre zu Ehe, Familie und Sexualität gibt. So könnten weltweit viele Menschen nicht verstehen, warum etwa wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion verweigert werde, ehemalige Priester aber dazu zugelassen seien. Auch die Haltung der Kirche zur Verhütung löse vielfach Kopfschütteln aus, heisst es in dem Papier weiter. Viele Gläubige fühlten sich ausgegrenzt und frustriert.

Doch allen Bemühungen um einen neuen Realismus zum Trotz spürt Franziskus innerkirchlichen Gegenwind. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass wenige Tage vor Beginn der Synode die Veröffentlichung eines Buches von fünf Konservativen aus der Kirchenspitze bekannt wurde. Darin sprechen sich die Kardinäle gemeinsam gegen Zugeständnisse der Kirche an geschiedene Katholiken aus. Unter den Verfassern ist auch der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, der Deutsche Gerhard Ludwig Müller.

Die Positionierung fünf hochrangiger Kardinäle dürfte auch als Gegenposition zum deutschen Papst-Vertrauten Walter Kasper verstanden werden. Der emeritierte Kurienkardinal hatte im Februar im Auftrag des Papstes eine Grundsatzrede zum Thema gehalten und sich für eine «barmherzige Lösung» ausgesprochen – etwa durch Vergebung oder eine Zeit der Reue.

Wenige Tage vor Beginn der Synode wurde auch der Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie, Erzbischof Vincenzo Paglia, auf Radio Vatikan deutlich: Es sei in der Tat etwas Besonderes, dass jetzt eine Doppelsynode zum Thema Familie durchgeführt werde. «Die katholische Lehre wird dabei sicherlich nicht verändert, und darum geht es bei der Synode ja auch gar nicht.» Der Papst wolle vielmehr die Einstellung der Gläubigen ändern.

Vor welcher grossen Aufgabe seine Kirche steht, dürfte dem Papst bewusst gewesen sein, als er die Pilger bei der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz an diesem Mittwoch dazu einlud, für die Synode zu beten und hinzufügte: «Betet auch für mich.»

[infobox title=’Familie und Sex aus Sicht der katholischen Kirche‘]EHE: «…bis dass der Tod euch scheidet» – die Ehe ist unauflöslich. Erst nach dem Tod eines Partners kann der andere erneut heiraten.

SCHEIDUNG: Sie ist nicht möglich. Ein Kirchengericht kann eine Ehe unter bestimmten Umständen jedoch als nie geschlossen bewerten.

HOMOSEXUALITÄT: Zu einer Familie gehören Mann und Frau. Homosexuelle Lebenspartnerschaften werden nicht anerkannt.

SEX: Er gilt vor der Ehe als Sünde. Auf der Internetseite der Kirche heißt es aber auch, «dass das Leben manchmal anders verlaufen kann».

ABTREIBUNG: Sie wird abgelehnt. Anfang 2014 geisselte Papst Franziskus Abtreibungen als Teil einer menschenunwürdigen «Wegwerf-Kultur».[/infobox]


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