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Der Umweltschutz als gemeinsames Ziel

«Out 4 Sustainability» (Geoutet/Draussen für die Nachhaltigkeit) aus Seattle ist nach eigenen Angaben die einzige LGBT-Organisation der Welt, die sich nebst sozialen Anliegen primär für den Umweltschutz und Nachhaltigkeit engagiert. Im Telefoninterview mit Greg Zwygart erklärt Gerod Rody, Präsident der Organisation, was bei «Out4S» auf dem Programm steht und dass LGBTs schneller einen Draht zueinander finden, wenn es nicht um ihre Sexualität geht.

Um was geht es bei «Out 4 Sustainability»?
Wir sind eine gemeinnützige Organisation, die die LGBT-Community für soziale und ökologische Nachhaltigkeit mobilisiert. Wir möchten aufzeigen, dass die Dinge, die einem lieb sind, auf einer breiteren Ebene miteinander verbunden sind und nicht nur mit der eigenen Sexualität etwas zu tun haben. Es ist wie das 2.0 der LGBT-Bewegung. Wir haben als Community in Seattle schon so viel erreicht, dass wir unsere Werte nun ausbauen wollen.

Studien haben gezeigt, dass sich 50% der LGBT-Menschen um die Umwelt sorgen im Vergleich zu 33% der heterosexuellen Bevölkerung. Zum Beispiel hat der Hurrikan Katrina in New Orleans LGBT-Menschen besonders mitgenommen. Das beweist, dass die Community bereit ist für eine solche Organisation.

Gibt es Gründe, wieso sich LGBT-Menschen von Naturkatastrophen besonders betroffen fühlen?
Studien haben gezeigt, dass sich 50% der LGBT-Menschen um die Umwelt sorgen im Vergleich zu 33% der heterosexuellen Bevölkerung. Ob das allgemein der Fall ist, weiss ich nicht. Katrina hat besonders einkommensschwache Gegenden heimgesucht. Die Community hat sich schon immer zu solchen Gegenden hingezogen gefühlt, um ihresgleichen zu finden. Das war in den Anfängen der LGBT-Bewegung so und ist heute noch so.


In den wenigsten Ländern dieser Welt geniessen LGBTs gleiche Rechte wie Heterosexuelle. Wieso konzentriert ihr euch auf Umwelt und Nachhaltigkeit?
Es gibt unzählige LGBT-Organisationen auf dieser Welt, die alle unvorstellbare Arbeit leisten. In Seattle gibts das «Es wird besser»-Projekt und die «Koalition für sichere Schulen» und da soll ihre Wirkung nicht durch eine weitere politisch motivierte Organisation abgeschwächt werden. Eine Organisation wie unsere gabs noch nicht, deshalb haben wir sie gegründet.

Für uns hat Nachhaltigkeit nicht nur mit Umweltschutz zu tun, sondern auch mit sozialer Gerechtigkeit. Es geht also auch um soziale Nachhaltigkeit und wie diese mit unserer Identität zusammenhängt. Das gibt uns die Möglichkeit, mit anderen Organisationen zusammenzuarbeiten und einzigartige Aktionen durchzuführen.

Wie viele arbeiten mit dir im Vorstand?
Der Vorstand besteht aus neun Personen, dazu zählen wir 20 aktive Freiwillige. Mit Facebook und unserem Newsletter erreichen wir zirka 3’000 Leute, aber diese sind auf der ganzen Welt verstreut. Das hat mir aber schon Anrufe aus Indien beschert und jetzt auch aus der Schweiz. Am «Earth Gay», unserem grössten Event, nahmen letztes Jahr über 300 Menschen teil, was ihn zu einem der grössten ehrenamtlich geführten Events von Seattle macht. «Earth Gay» ist unsere Version des «Earth Day». Wir nennen es «Earth Day, the gay way.» Darauf sind wir sehr stolz. Dieses Jahr expandieren wir in andere Städte. Mein Ziel ist es, dass wir eines Tages Personal anstellen können.


Für ihren «Earth Gay» hat «Out4S» mehr als 300 Freiwillige mobilisieren können. (Bild: Out4s.org)

Euer diesjähriger «Earth Gay» findet im April statt. Was habt ihr vor?
Mein Ziel ist es, die Pride CO2-neutral zu machen. Letztes Jahr haben wir mit der Wiederherstellung des Lebensraums um den Lake Union angefangen. Dieser See befindet sich mitten in der Stadt und verbindet viele Quartiere mit dem Stadtzentrum. Wir haben die vielen Wege, die um den See führen, gesäubert und wieder auf Vordermann gebracht. Zum Teil fanden wir dort sogar Spritzen. Zudem haben wir gejätet und gepflanzt und den Zugang zum Wasser für die Kajakfahrer ausgebaut.
Dieses Jahr gehen wir zurück an den Lake Union und beenden die Wiederherstellungsarbeiten. Dazu gehören das Jäten und Pflanzen, aber auch die Verschönerung der weniger attraktiven Stellen.

Wie sehen andere Events von euch aus?
Wir organisieren mehrere ehrenamtliche Events, wenn auch in einem kleineren Rahmen als «Earth Gay». Letztes Jahr führten wir zum Beispiel eine Säuberungsaktionen an der Küste durch, wobei wir mit einem kleinen und eher konservativen Städtchen in Kontakt kamen. Es war eine wertvolle Erfahrung, indem wir der dortigen Bevölkerung beweisen konnten, dass auch uns viel an der Erhaltung der Umwelt liegt. Sogar der Bürgermeister nahm sich Zeit, uns zu treffen.

Zudem pflegen wir eine Reihe von sozialen Anlässen zu unterschiedlichen Themen, die jedes Mal zwischen 40 und 60 Besucher anziehen. Einer der nächsten Anlässe heisst «Nimm das nicht in den Mund» und soll die Besucher für die Produkte sensibilisieren, die sie konsumieren. Wie du am Titel merkst, versuchen wir die Themen immer mit etwas Humor aufzugreifen. Wir promoten auch Events von anderen Organisationen, die unsere Werte widerspiegeln.

Kommen Schwule, Lesben und Transmenschen schneller in Kontakt miteinander, wenn sie zusammen anpacken müssen?
Auf jeden Fall. Und nicht nur das. Gerade weil wir viele Leute mit einem Anliegen ansprechen, das alle angeht, kommen Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten und Einkommensklassen zu uns. Pfadfinderinnen, Senioren und auch Heterosexuelle haben bei uns mitgemacht. Erfreulich ist auch, dass sich die Anzahl Männer und Frauen an unseren Events stets die Waage hält.

Unsere grösste Herausforderung ist es, Transmenschen für unsere Sache zu gewinnen. Aber diese Trennung ist für Seattle typisch und wir arbeiten daran. Im Juli organisieren wir mit Vertretern der Transcommunity einen Anlass mit dem Titel «Wie holen wir das T zurück in LGBT»?

Letztes Jahr hat unser Bundesstaat die Homoehe eingeführt. Darauf sind wir besonders stolz. Das hat die Community zusammengeschweisst und endlich Themen wie Mobbing oder Trans auf den Tisch gebracht.

Dieses Jahr feiert ihr euer fünfjähriges Jubiläum. Worauf bist du besonders stolz?

Gerod Rody (©out4s.org)
Gerod Rody (©out4s.org)

Die ganze Stimmung in der Organisation macht Spass. Zu wissen, dass unsere Arbeit sinnvoll ist und geschätzt wird, ist ein riesiger Ansporn. Viele Freiwillige laufen an unseren Events mit kleinen Snacks herum und sorgen dafür, dass eine Atmosphäre entsteht, wo man sich kennen lernen und austauschen kann. Darauf bin ich stolz.

Eine weitere Aufgabe von euch ist es, die «Pride grüner zu machen».
Wir bieten Anreize auf verschiedenen Ebenen an. Es ist überhaupt nicht schwierig, grüne Alternativen ins Pridekonzept aufzunehmen. Prideveranstalter auf der ganzen Welt sind sehr engagiert, überarbeitet und immer die ersten Sündenböcke, sobald sie einen Schritt in die falsche Richtung machen. Wir geben uns daher Mühe, mit ihnen zusammenzuarbeiten, anstatt ihnen nur zu sagen, was sie zu tun haben.
Zusammen mit Seattle Pride haben wir kompostierbare Bierbecher eingeführt und zum Beispiel auch die Ausgabe von Plastikflaschen während der Parade verboten. Das tönt noch nicht nach viel. Mein Ziel ist es, die Pride CO²-neutral zu machen und keinen Abfall zu generieren.

Ein anderes Ziel ist die Entwicklung eines Tools, mit dem Prideveranstalter auf der ganzen Welt die Klimabelastung und das Abfallmaterial ihrer Pride messen und über mehrere Jahre vergleichen können. So könnte man zeigen, wie Gay Prides auf der ganzen Welt grüner werden. Das ist ein grosses Unterfangen (lacht), wäre aber toll, wenn man es umsetzen könnte.

Links: out4s.org
Dieser Artikel erschien erstmals in der April-Ausgabe 2013.


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